Jethro Tull

A

Parlophone
VÖ: 2021

Durchsichtig in die Achtziger

Was ursprünglich als Alleingang von Flöten-Derwisch Ian Anderson geplant war, hat den Sound der Folk-Rock-Institution merklich modernisiert, aber ihre Anhänger zunächst in Schockstarre versetzt. Die halbe Bandbesetzung hatte das Weite gesucht und statt der akustischen Intermezzi und der Bauernhofatmosphäre eines Albums wie Songs From The Wood beherrschen in Liedern wie ›Black Sunday‹ oder ›Batteries Not Included‹ Synthesizer und die E-Geige des ehemaligen Frank Zappa-Musikers Eddie Jobson das Klangbild.

Zudem sorgt das beschwingte Spiel des ehemaligen Jean Luc Ponty-Trommlers Mark Craney für einen dezenten Fusion-Touch. Was damals ungewohnt erschien, wirkt heute, vor allem nach dem wankelmütigen Vorgänger Stormwatch, wie ein kurzzeitiger Befreiungsschlag, zumal Songs wie ›Crossfire‹ oder ›Fylingdale Flyer‹ trotz des futuristischen Settings als echte Tull-Perlen durchgehen und die durchsichtige Violine Jobsons auf der zugehörigen Tour ein optischer Hingucker gewesen ist. Und mit Liedern wie ›Working John, Working Joe‹ oder ›The Pine Marten’s Jig‹ hatte Anderson bereits den Kurs des Nachfolgers Broadsword And The Beast anvisiert, mit dem Jethro Tull wieder in bekannten Fahrwassern schippern würden.

Die Geburtstagsedition der 1980 veröffentlichten LP enthält zahlreiche Extras auf drei CDs und drei DVDs. Darunter das Originalalbum, von Steven Wilson abgemischt in DTS und Dolby AC 3, 5.1 Surround und Stereo 96/24 LPCM, fünf unveröffentlichte Tracks aus der Aufnahmesession, ein komplettes Konzert aus der LA Sports Arena vom August 1980, die Video-Sammlung Slipstream, ausführliche Begleittexte, eine Track-by-Track-Erläuterung von Anderson sowie seltene Fotos.

(8/10)
TEXT: MARKUS BARO

ROCKS PRÄSENTIERT

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Cover von ROCKS Nr. 100 (03/2024).