Pride & Glory

Pride & Glory

eOne
VÖ: 2019

Punktlandung im Sumpf

Als Ozzy Osbourne im Anschluss an seine 1991 erschienene Erfolgsscheibe No More Tears den (schnell widerrufenen) Abschied von der großen Bühne erklärte, stand sein junger Gitarrenheld plötzlich in der Verantwortung, sich selbst um den Fortbestand seiner Karriere als Profimusiker zu kümmern. Als Zakk Wylde schließlich im Mai 1994 mit dem einzigen Album seines kurzlebigen Power-Trios Pride & Glory vorstellig wurde, an dem neben ihm auch White Lion-Bassist James Lomenzo und Trommler Brian Tichy mitwirkten, staunte die Musikwelt nicht schlecht: Ein Southern-Album in allen Extremen hatte von dieser Konstellation niemand erwartet — und den Einsatz von Klavier, Mandoline, Harp und Banjo (›Loosin’ Your Mind)‹ erst recht nicht.

Ganz ohne Not verbanden sie auf Pride & Glory die Soundwelt der alten Lynyrd Skynyrd mit der von Black Sabbath. Allerdings lange nicht so heavy und breitwandig wie schon bald mit Black Label Society — denn hier überwiegt tatsächlich der recht locker-swingender Jam-Vibe. ›Shine On‹ etwa beginnt mit herrlichen Southern-Licks, ehe sich Wyldes harte Riff-Gitarre mit einer schneidenden Blues-Harp duelliert und die Nummer zur Mitte hin in eine atemberaubende Improvisationsstrecke übergeht. Für lässige Hymnen wie ›Harvester Of Pain‹, in der eine Hammond-Orgel zu hören ist, sind heute Bands wie Black Stone Cherry stadtbekannt. Die von Streichern begleitete Klavier-Nummer ›Sweet Jesus‹ ist ganz dicht dran am Sentiment eines Gregg Allman.

Auch ›Found A Friend‹ ist ein überraschend authentisches Stück Southern-Soul, das Seattle-Symphonieorchester addiert im schwermütigen ›The Chosen One‹ und der Ballade ›Fadin’ Away‹ unaufdringlichen Bombast, der schwarzhumorige Country-Hit ›Hate Your Guts‹ hätte so ähnlich auch von den Südstaaten-Bad-Boys Black Oak Arkansas stammen können. Alles viel zu gut und viel zu schade, um in Vergessenheit zu geraten: Die um eine zweite CD erweiterte Neuauflage enthält neben einer irrsinnig guten Akustik-Fassung von ›Machine Gun Man‹ (nachzuhören auf der aktuellen Heft-CD) den alten, bleihaltigen Bonus-Track ›Mother Mary‹und Spontan-Versionen wie Led Zeppelins ›In My Time Of Dying‹, Black Sabbaths ›The Wizard‹ oder ›Come Together‹ von den Beatles im Wylde’schem Southern-Style.

(8.5/10)
TEXT: MARKUS BARO

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