Wie kaum eine andere Band verkörperen The Band in den späten Sechzigern das Lebensgefühl der ländlichen USA – dabei kommen vier der fünf Musiker aus dem nördlichen Nachbarland Kanada. Auch Jamie Robbie Robertson wird am 5. Juli 1943 in Toronto als Sohn einer Mohawk-Indianerin und eines Juden geboren. Besuche im Six Nations Reserve, wo seine Mutter aufgewachsen war, begeistern den Jungen für Musik, mit 13 Jahren verfällt er dem gerade aufkommenden Rock'n'Roll und beginnt in seiner ersten Band zu spielen.
Zum Profi wird er mit gerade einmal 17 Jahren: In der Band des Rockabilly-Musikers Ronnie Hawkins ist er zunächst Bassist, übernimmt aber bereits ein knappes Jahr später die Gitarre. Hier trifft er seine zukünftigen The Band-Kollegen: Schlagzeuger Levon Helm war bereits seit 1957 Teil der Formation, kurz nach Robertsons Verpflichtung treten Bassist Rick Danko, Pianist Richard Manuel und Saxophonist Garth Hudson bei.
1963 trennen sie sich von Hawkins und machen als Levon And The Hawks weiter; sie nehmen einige Singles auf, die allesamt aus der Feder von Robertson stammen. Darüber wird Bob Dylan, der gerade an seinem ersten Album mit elektrisch verstärkter Musik arbeitet, auf den Gitarristen aufmerksam. Bei der anschließenden Tour sind The Hawks als Begleitband dabei — mit Ausnahme von Levon Helm, der ob der Buhrufe der Fans von Dylans traditioneller Folk-Musik desillusioniert die Rundreise verlässt.
Ab 1967 bewohnen sie gemeinsam ein Haus in Woodstock, in dessen Keller sie mit Dylan Jam-Sessions abhalten. Dort entstehen die Basement Tapes, die eigentlich nicht zur Veröffentlichung gedacht sind, ab 1969 aber auszugsweise als Great White Wonder kursieren — dem vermutlich ersten Bootleg der Rockgeschichte. Einige der Songs landen auch auf dem Debütalbum von The Band, das 1968 erscheint und dessen Name sich vom Anstrich ihres Hauses herleitet: Music From Big Pink.
Das Ende der erfolgreichen Formation kommt bereits acht Jahre später: Robertson hat das Gefühl, alles gesagt zu haben. Mit The Last Waltz spielen sie am 25. November 1976 ihr letztes Konzert im Winterland Ballroom in San Francisco. Das Konzert wird von Regisseur Martin Scorsese mitgeschnitten; der dazugehörige Film The Band (1978) wird mehrfach für den Oscar nominiert.
Für Robertson endet damit das Kapitel The Band, die sich in den folgenden Jahrzehnten mehrfach ohne ihn neu formieren. Er produziert stattdessen ein Album für Neil Diamond (Beautiful Noise, 1976), macht als Solomusiker weiter, vor allem aber widmet er sich der Filmmusik. Immer wieder arbeitet er mit Scorsese zusammen, unter anderem bei Die Farbe des Geldes (1986), Shutter Island (2010) und The Irishman (2019). Auch Robertsons letztes Schaffen ist eine Kollaboration mit dem erfolgreichen Regisseur: Killers Of Flower Moon, für das er die Filmmusik schrieb, erschien erst im Mai diesen Jahres.
Nach langer Krankheit starb er am 9. August in Los Angeles. Robbie Robertson wurde 80 Jahre alt.