Stuttgart, LKA Longhorn: Wer sich 22 Jahre lang nicht in der Landeshauptstadt blicken lässt, kann von den Schwaben schnell vergessen und ignoriert werden. Nicht so Extreme: Der Vierer aus Boston wird nach einer ordentlichen Performance der einheimischen Rocker The New Black von einer beachtlichen Kulisse im LKA begrüßt, was nicht nur bei Gitarrist Nuno Bettencourt für die Frage sorgen dürfte, weshalb die Band so selten in hiesigen Breitengraden spielt.
Denn dass Extreme auch heute noch eine kraftvoll-dynamische Show voller Höhepunkte auf die Bretter legen können, beweisen die Amerikaner bereits beim Eröffnungstrio aus ›It’s A Monster‹, ›Li’l Jack Horny‹ und ›Get The Funk Out‹. Vor allem Sänger Gary Cherone wirbelt nach wie vor in bester Derwisch-Manier über die Bühne, während Bettencourt den zahlreich anwesenden Musikern eine Lektion in filigraner Fingerfertigkeit bietet.
Neben dem gewohnt stark vertretenen Pornograffitti-Material dominiert diesmal das unterschätzte 1992er Juwel III Sides To Every Story den Abend. Trotz nicht gerade optimalem Sound wissen Nummern wie ›Rest In Peace‹, ›Tragic Comic‹ oder ›Cupid’s Dead‹ auch 25 Jahre nach ihrem Erscheinen zu überzeugen — genau wie die leutselige Kommunikation mit dem Publikum, für die vor allem Bettencourt zuständig ist. Mittendrin bekommt der Gitarrist mit portugiesischen Wurzeln von einem Fan Trikots der deutschen Fußball-Nationalmannschaft zugeworfen, überlässt es aber Bassist Pat Badger, sich eins der weißen Leibchen überzuziehen.
Wie spielfreudig Extreme sind, stellen sie nicht zuletzt im Zugabenblock unter Beweis. Nachdem Bettencourt und Cherone zur Freude der Damen (und romantisch veranlagten Herren) ihren Lagerfeuer-Hit ›More Than Words‹ samt kleiner ›Stairway To Heaven‹-Huldigung hinter sich gebracht haben, zockt die Band auf Zuruf spontan eine großartige Version von Aerosmiths ›Walk This Way‹ — eine exklusive Einlage, die nur in Stuttgart unter gespieltem Protest Bettencourts zu erleben ist.
Mit dem III Sides-Kracher ›Warheads‹ und der obligatorischen Queen-Ehrung ›We Are The Champions‹ gehen Extreme nach rund zwei Stunden in den wohlverdienten Feierabend — wohl wissend, dass sie alle Register gezogen haben und ein begeistertes Publikum in die Nacht entlassen.