Das Ziel der Briten war schnell postuliert: Mehr Achtziger-Einflüsse wollten sie auf ihrem fünften vollwertigen Album zulassen — und zwar alles, was irgendwo zwischen Rush, Yes in ihrer 90125-Phase, bis hin zu Toto und ganz unterschiedlicher Filmmusik Platz findet. Vertraute Zutaten also, aber die Gewürze sind neu. In ›1985‹ wird es ruchbar. Pompöse tönt in diesem Stück das Keyboard, ein synthetisches Schlagzeug tanzt über einem hochglanzpolierten Rosa-Cadillac-Riff.
Zum Glück aber belässt es das Londoner Progressive-Metal-Flaggschiff bei reizvollen Anspielungen auf die Klangästhetik jenes Jahrzehnts. Die Substanz ihrer Musik brodelt gewohnt weiter vor sich her: lässig entwickelt sich disharmonisch Hypnotisches, rumpelt es finster und wie von künstlicher Intelligenz erzeugte Stimmen erklingen. Bis im viertelstündigem ›The Architect‹ ordentlich durchgelüftet wird. Das Opus, bei dem Einar Solberg von Leprous als Gastsänger mitwirkt, ist kinematografische Kompositionskunst: Unterkühlte Maschinenklänge steigern sich zu einem feierlichen Refrain, nur um urplötzlich in einen Höllenschlund voller Growls und Gehämmer abzustürzen.
Zwischendrin gibt es gewohnt solide Gitarren-Frickelei und gut sortierten Wohlklang. Mit dem erhaben fließenden ›Bound By Gravity‹ endet dann Affinity. Ein reifes Werk mit allen Nuancen von Licht und Schatten, Hässlichkeit und Schönheit, Anstrengung und Gelassenheit. So viele gute Ideen würden mindere Künstler über ein ganzes Lebenswerk verteilen und sich doch darin verheddern.