Auch Fred Coury steht zu jener Zeit ohne Job da. Der Schlagzeuger hat Cinderella den Rücken gekehrt und schließt sich nun dem Vokalisten an. Im Schlepptau hat er Gitarrist Frankie Wilsex, der seit dem Plattendebüt der Sleazer Sea Hags vor drei Jahren auf eine Karriere wartet. Die Chancen dafür stehen 1993 denkbar schlecht für eine Band mit solchem Hintergrund.
Faszinierend konsequent umstapft Arcade mit selbstbewussten Schritten jeden neuen Zeitgeist und statuiert ein Exempel: Ganz ohne Anbiederung an Grunge und Alternative gelingt es Arcade (komplettiert von Gitarrist Donny Syracuse und Bassist Michael Andrews), ihre musikalische Schulung durch die Achtziger glaubhaft wie imponierend in die neue Ära zu übertragen.
Die energische Punkrock- und Metal-Keule, die zwei Jahre zuvor Skid Rows Slave To The Grind zu sleaziger Bedrohlichkeit verhalf, schwingt auch in Stücken wie ›Dancin’ With The Angels‹ mit (die Slide-Gitarren erinnern gar an Aerosmith) und bringt den Song in Rufweite von Michael Monroe. Längst nicht nur im Titellied oder in ›Messed Up World‹ rückt Stephen Pearcys markante Stimme verdächtig dicht Dave Mustaine auf den Pelz, der seinen Megadeth gerade mit Countdown To Extinction einen verblüffenden Melodieschub verpasst hat.
In ›Mother Blues‹ beschließt eine Hommage an die Akustikseite des dritten Albums von Led Zeppelin eine herausragende LP: modern und sleazy in Riffs und Anmutung, filigran, melodisch und kristallklar in der Umsetzung. Und dazu noch richtig heavy: ein Flop.
Das zweite und letzte Studioalbum A/2 spielt 1994 bereitwilliger mit dem Schmuddelkind Grunge und grobkörnigem Alternative und gerät nicht halb so gut wie der Erstling, hat in ›So What‹ oder auch dem mit tief schepperndem Bass und feinem Refrain ausgestatteten ›Angry‹ aber auch hörenswerte Nummern zu bieten. Pearcy bleibt als Solo-Künstler leidlich erfolgreich, als der er bis heute immer wieder meist verzichtbare Platten herausbringt. Auch seine Rückkehr an die Front der personell mehrfach neu aufgestellten Ratt produzierte weitere Alben. Zum vorerst letzten Mal 2010: Infestation ist ein gnadenlos gutes und klassisches Ratt-Album mit tollen Riffs, geschmackvollen Solos und starken Songs, das man einfach lieben muss.