Mitunter fragt man sich, ob Joe Bonamassa an der Veröffentlichungsflut, die er seit einigen Jahren zu verantworten hat, nicht irgendwann doch Schaden nimmt. Der 37-Jährige gönnt sich selbst und seinen Fans keine Pause. Aber braucht man die überhaupt angesichts der stilistischen Bandbreite und der immensen Qualität, die Bonamassa seinen Platten zugrunde legt? Zumal er auch weiterhin nichts von Redundanz zu halten scheint.
Different Shades Of Blue ist nach vielen Jahren sein erstes Album, das ausnahmslos aus eigenen Kompositionen besteht. Sein geschmackvolles Spiel darauf ist eine einzige Offenbarung. Aber auch die Lieder funktionieren hervorragend — wenngleich nicht ohne Anklänge an die Blues- und Rock-Geschichte. ›Oh Beautiful‹ etwa hat in den Riffs und den Drums ganz ordentlich Led Zeppelin geladen und packt mit einem an Intensität zulegenden Solo-Teil, der jedem Jam-Rocker warm ums Herz werden lässt.
Ähnlich das groovende und von funkigen Bläsern frisierte ›Love Ain’t A Love Song‹, dessen Improvisations-Teil von heißem Percussion-Feuer untermalt wird. Nicht weniger imposant ist der getragene Bluesrocker ›Never Give All Your Heart‹ geraten, in dem sich allerhand Querverweise auf Paul Kossoff genießen lassen, dem früh verstorbenen Gitarristen der britischen Heavy-Blueser Free. Zum abermals von Bläsersätzen untermalten ›Trouble Town‹ spielt der Amerikaner eine zurückhaltende Slide-Gitarre und setzt auf knorrige Sounds der Billy Gibbons-Schule, während ›Heartache Follows Wherever I Go‹ klingt wie eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Beth Hart und zusätzlichem Gary-Moore-Anteil (After Hours).
Und Bonamassa wäre kein Zögling von Produzent Kevin Shirley, würde er nicht auch den Aspekt der Radiotauglichkeit konsequent verfolgen: Die erste Single ›Different Shades Of Blue‹ ist genau genommen handgemachter Mainstream mit einem dicken Tupfer Blues, den sich nur reife Songschreiber leisten können. Ein buntes, aber stimmiges Album, mit herrlichen Sounds, tollem Spiel — und wunderbaren Songs.