Manchmal gehen die Blicke der Musiker ins Leere — auf der Suche nach dem imaginierten Publikum. Da applaudiert man sich dann halt im Zweifelsfall mal selbst. So haben es Epitaph bei ihrem Konzert am 24. April dieses Jahres in der Lindenbrauerei in Unna gemacht. Das Konzert unter Corona-Bedingungen wurde via Stream für die Fans übertragen und liegt nun als DVD und CD vor. Zu sehen und zu hören ist eine Band, die sich selbst motiviert, vorwärts treibt und daraus genug Energiefunken schlägt, die den leeren Saal vergessen lassen.
Reduziert auf die klassische Viererbesetzung, spielen die Gitarristen Cliff Jackson und Heinz Glass, Bassist Bernie Kolbe und Schlagzeuger Carsten Steinkämper ein Programm, bei dem vor allem die alten Klassiker überzeugen, ›Outside The Law‹ mit seiner an Wishbone Ash erinnernden Doppelgitarren-Ästhetik und das von Heinz Glass’ Slidegitarre geprägte ›Woman‹ zuvorderst. Glass überzeugt auch mit seiner einfühlsamen Interpretation des Jimi Hendrix-Stücks ›Villanova Junction‹.
Die Band wirkt insgesamt wie ein gut eingespieltes Kraftpaket und hat für dreistimmige Gesänge mit ihrem jüngsten Mitglied am Schlagzeug nunmehr noch einen weiteren guten Mann in den Reihen. Ihr Sound und ihre Arrangements haben nicht den geringsten Hauch von Moderne, hier arbeiten überzeugte Traditionalisten, die sich ihrer Wurzeln bewusst sind. Mit ›Lost in America‹ haben sie zudem einen Song neueren Datums im Repertoire, der an den Versuch der Band erinnert, in den siebziger Jahren auch jenseits des großen Teichs Fuß zu fassen.
Text und Musik sind eine kraftvolle, überzeugend vorgetragene Hommage an jene Tage und weisen Epitaph als deren solide Fackelträger aus. Die Optik, Bühnenlicht und Kameraführung kommen ohne jegliche Gimmicks aus und machen deutlich: Hier geht es ausschließlich um die Musik.