Moggs Motel

Kein Zimmer frei für Feinheiten

Nachdem sein Herzinfarkt die Abschiedstour der britischen Hardrock-Veteranen UFO im August 2022 abrupt beendet hatte, schien es, als würde sich Phil Mogg gänzlich zur Ruhe setzen. Unerwartet kehrt der charismatische Sänger nun mit einer neuen Band zurück.

TEXT: MARKUS BARO |FOTO: Charlie Smith

Als Teenager brachte es Phil Mogg immerhin zum Junior Box-Champion, doch den Sprung ins Profilager vollzog er lieber als Musiker. Seine Lehre als Teppichverleger im Norden von London hat er gar nicht erst beendet, sondern, inspiriert von Acts wie den Pretty Things, Humble Pie oder Cream, seine eigene Band gegründet, aus der die legendären UFO hervorgingen. »Ich wollte nur eine einzige Sache: Nie mehr zurück in diesen beschissenen Job. Mit UFO haben wir sicher viele Höhen und Tiefen erlebt, aber ich bereue keinen einzigen Tag.«

Das Ende der langlebigen Hardrocker kam schneller als gedacht. 2022 erlitt Mogg einen schweren Herzinfarkt, erholte sich nur langsam. Die letzten Konzerte der lange geplanten Abschiedstour fielen aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit flach. Auch kreativ war für den Sänger das vielzitierte Ende der Fahnenstange schon lange in Sicht. Sollte man das Ende einer Band wirklich so lange herauszögern, bis der letzte Funken Leben erloschen ist? Diese Frage stellte sich der zerbrechlich wirkende Frontmann immer wieder. »Ich denke, wir hatten viele gute Jahre, und ich wollte die Sache zu einem Ende bringen, bevor sie vielleicht noch lächerlich wird.«



Der Grundstein von Moggs Motel war da längst gelegt. Noch vor der Pandemie hatte Mogg in der amerikanischen Botschaft in London zufällig Tony Newton getroffen, dessen Band Voodoo Six gelegentlich für UFO eröffnet hatte. »Ein Wort ergab das nächste und prompt verabredeten wir, uns gegenseitig ein paar Songideen zukommen zu lassen und ganz locker zu schauen, ob was daraus wird. Und einen kreativen Atemzug später stellte ich fest, dass wir uns musikalisch sehr gut ergänzen. Und es hat mir eine Menge Spaß gemacht, einmal keine Erwartungen erfüllen zu müssen und, sozusagen, mit einem weißen Blatt Papier zu beginnen. Aber um es klarzustellen: Mit dem Ende von UFO hatte das nicht das Geringste zu tun.«

Zumal sich Mogg mit der Beteiligung seines alten Bandkumpels Neil Carter rückversichert hat, dass ihr Sound nicht meilenweit von dem seiner früheren Band entfernt ist. »Zum einen arbeite ich sehr gerne mit Neil, zum anderen verbindet man meine Stimme nun mal mit der Band. Doch Lieder wie ›Too Hot To Handle‹ würde ich heute nicht mehr singen, die verbieten sich in meinem gesetzten Alter von selbst. Unser Sound besitzt dank der härteren Gitarren einen frischen und modernen Ansatz und etwas dramatischere Konturen wie es etwa ein Album wie The Wild, The Willing And The Innocent auszeichnet. Ich bin ein großer Fan von Soundtrack-Komponisten wie Hans Zimmer oder James Newton Howard. Damals hat es mir großen Spaß gemacht, die Lieder durch kleine Zwischenspiele zu verbinden. Leider war bei UFO selten Platz für derart feine Zwischentöne.«


Solche sind auch auf dem Erstling der nach ihm benannten Truppe eher dünn gesät. Lieder wie ›Tinker Tailor‹ oder ›Princess Bride‹ profitieren von pfundigen Doppelgitarren und der immer noch charakterstarken Stimme ihres geistigen Anführers, der sich sogar wieder mit verhaltenen Tourplänen trägt. »Am Anfang unserer Karriere spielten wir da, wo es das meiste Bier gab, heute da, wo das Essen am besten ist«, lacht der Rock-Grandseigneur. »So ändern sich die Zeiten. Aber Spaß beiseite. Auf das eine oder andere große Festival hätten wir alle große Lust.«



Dieser Text stammt aus ► ROCKS Nr. 102 (05/2024).

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