ABRAXAS POOL
Abraxas Pool (1997)
Benannt nach ihrem erfolgreichsten Album, finden sich gegen Ende der Neunziger Teile der originalen Santana-Band, darunter auch Drummer Michael Shrieve und Organist Gregg Rolie zusammen, um diesen Sound pulsierend wieder zum Leben zu erwecken — ohne Don Carlos und die esoterischen Anwandlungen von Scheiben wie Borboletta oder Caravanserai. Getrieben vom nie nachlassenden Percussion-Trommelfeuer von Michael Carabello und Jose Chepito Areas, Rolies stetig nach vorne peitschenden Orgel-Sounds und Schons glutvollen Gitarren-Exkursionen, die nur in ›A Million Miles Away‹ kurz abkühlen, schießen ›Baila Mi Cha Cha‹ oder der Latin-Hardrocker ›Boom Ba Ya Ya‹, die das euphorische südamerikanische Lebensgefühl zelebrieren, mit aller Macht ins Tanzbein. Der epische Achtminüter ›Szuba‹ hätte auch das Zeug zum Santana-Klassiker gehabt. Die gelungene Coverversion von deren Hit ›Jingo‹ am Ende unterstreicht zudem die Authentizität des leider kurzlebigen Projekts.
BAD ENGLISH
Bad English (1989)
Viel besser konnte Schon die Zeit nach dem temporären Journey-Split kaum nutzen. Mit dem Keyboard-Kollegen Jonathan Cain, Drummer Deen Castronovo und den Babys-Mitgliedern Ricky Phillips (Bass) und dem auch solo erfolgreichen Sänger John Waite gründet er das musikalisch nicht allzu weit von seiner Hauptband entfernte Projekt Bad English. Zu hundert Prozent dem gediegenen AOR-Sound verpflichtet (›Forget Me Not‹), verzichten sie weitgehend auf stilistische Experimente, vielleicht abgesehen von dem leichten Southern-Vibe des bläserverstärkten ›Best Of What I Got‹ oder dem in Nuancen härter riffenden ›Rockin‘ Horse‹. Der extrem gut ausbalancierte Mix aus Edel-Balladen und gediegenen Rockern bringt in ›The Price Of Love‹ und dem von Diane Warren komponierten Tränen-Treiber ›When I See You Smile‹ zwei echte Monster-Hits des Genres hervor. Dem letzten wirklich sensationell erfolgreichen Melodic-Album vor dem Zeitgeist-Umschwung, ließen Bad English 1992 das nur geringfügig schwächere Zweitwerk Backlash folgen, das kommerziell in der Grunge-Welle vergleichsweise mau abschneidet.
HSAS
Through The Fire (1984)
Feuriger hat seine Gitarre wohl nie geklungen, furioser keines seiner Nebenprojekte. Nach dem zuletzt verstärkt Keyboard-lastigen Journey-Sound befreit sich Schon in ›Top Of The Rock‹ oder dem bebenden Heavy-Rocker ›My Hometown‹ von allen Fesseln und beweist, dass er ohne Wenn und Aber zu den Naturgewalten unter den Saiten-Bezwingern zählt. Der Vierer aus Schon, Van Halen-Sänger Sammy Hagar, Weltklasse-Bassist Kenny Aaronson und dem früheren Santana-Trommler Michael Shrieve ist leider über ein einziges Album nicht hinausgekommen. Das wurde der Einfachheit halber und um den Spontan-Charakter zu wahren live bei zwei Konzerten in der Bay Area mitgeschnitten und später im Studio dezent überarbeitet. Als Single-Veröffentlichung gab die Plattenfirma gab der wenig erfolgversprechenden Coverversion von Procol Harums ›A Whiter Shade Of Pale‹ den Vorzug vor dem exzellenten Melodic-Rocker ›Missing You‹ und hat damit mutmaßlich beigetragen zum Misserfolg eines Albums, bei dem die Chemie zwischen den Beteiligten stimmt und das von vorne bis hinten brennt. ›Hot And Dirty‹ oder ›He Will Understand‹ sind klassischer Hardrock mit Achtziger-Prägung und das Song-Triple ›Animation/Valley Of The Kings/Gaza‹ siedelt sogar in Prog-Gefilden.
SCHON HAMMER
Untold Passion (1981)
1973 hat er das Mahavishnu Orchestra verlassen, gut zehn Jahre später war der tschechisch-amerikanische Keyboard-Hexer mit dem Titelthema der Miami Vice-Serie sowas wie ein Pop-Star. Zuvor frönten der hier auch trommelnde Hammer, Schon und Bassist Colin Hodgkinson in augenscheinlich relaxter Atmosphäre ihrem Faible für progressiven Fusion-Rock. Das Ergebnis ähnelt den ersten beiden Journey-Werken, legt jedoch einen deutlichen Schwerpunkt auf raffinierte Gitarre-Keyboard-Zwiesprachen. In ›On The Beach‹, das ein wenig den Sound eines Giorgio Moroder echot, läuft sich Hammer schon ein wenig für seinen großen Hit warm; Schon hat einen starken Auftritt im klasse Instrumental ›The Ride‹. Dass er als Sänger nicht zu den Schlechtesten gehört, hat er bei Journey erstmals in ›Spaceman‹ (Next) unter Beweis gestellt, diese These zementiert nun ›Hooked On Love‹ ganz formidabel. In den Hitparaden hinterlässt Untold Passion keinerlei Eindruck, und das dürfte ihre Plattenfirma schwer gewurmt haben, denn der Nachfolger Here To Stay schielt zumindest im Hardrocker ›No More Lies‹ recht offensichtlich auf die MTV-Zielgruppe. Vergebends, das auch kompositorisch um einiges schwächere Album floppt auf ganzer Linie.
NEAL SCHON
Late Nite (1989)
Recht spät in seiner Laufbahn schiebt Schon eine Solo-Karriere an, die mit dem entspannten Late Nite souverän startet. Moll-lastige Klänge für die blauen Stunden nach Mitternacht, darauf deuten Hüllengestaltung und Plattentitel hin, und davon rückt der musikalische Inhalt kurz in dem Prince-ähnlichen Funk-Rocker ›Smoke Of The Revolution‹ ab. ›The Theme‹ ist ein abgedunkeltes, fast zehnminütiges Gitarrenfest und auch im famosen Titelsong, in dem Randy Jackson den bundlosen Bass bedient, zeigt der vielseitige Gitarrist seine enorme Bandbreite mit seinem melodisch vielleicht spannendsten Solo überhaupt. Der Gospel ›Rain’s Comin‘ Down‹ schlägt unvermittelt in einen wuchtigen Rocker um, der die schläfrige Atmosphäre aber nicht grundlegend stört, zur unendlich leisen Ballade ›Softly‹ steuert Sheryl Crow die Background-Gesänge bei. Exzellenter Solo-Stoff und ein vergessenes Juwel, das auch musikalisch mit Keyboarder Bob Marlette und den Journey-Schlagzeug-Kollegen Deen Castronovo und Steve Smith bis in die Nebenrollen perfekt besetzt ist.
SOUL SIRCUS
World Play (2005)
Nach dem geglückten Comeback von Journey mit Steve Augeri und Arrival (2001) zieht es den Goliath des Melodic Rock mehrere Jahre lang auf Tournee. Die kurzen Verschnaufpausen nutzt besonders Neal Schon dazu, neue Lieder zu schreiben: Zunächst entsteht die Journey-EP Red 13, dann initiiert der Gitarrist das Projekt Planet Us, an dem in Sänger Sammy Hager und Bassist Michael Anthony gleich zwei Musiker von Van Halen und zudem auch Star-Gitarrist Joe Satriani beteiligt sind. Deen Castronovo (Journey) trommelt. Dass das Projekt aus der Bahn fliegt, bevor es Fahrt aufnehmen kann, liegt an dem unwiderstehlichen Angebot einer Reunion von Van Halen. Angefressen suchen Schon und Castronovo nach Musikern, mit denen sie ihr Vorhaben doch noch zu einem Albumabschluss führen könnten. Fündig werden sie in Sänger Jeff Scott Soto und Bassist Marco Mendoza (Whitesnake, Thin Lizzy): aus Planet Us wird Soul Sirkus. 2004 erscheint zunächst noch in Eigenregie die LP World Play; zur regulären, erweiterten Veröffentlichung wird Castronovo durch Schlagzeuger Virgil Donati (Steve Vai) ersetzt. Es bleibt bei einem hörenswerten Album, das geschmackvoll die markanten Klangwelten von Van Halen (›Peephole‹, ›My Sanctuary‹), Journey (›Coming Home‹, ›Alive‹) und den groove-betonten Talisman (›Highest Ground‹) verbindet. (TEXT: DANIEL BÖHM)