AC/DC

Strom in der Manege

Heute vor 22 Jahren spielten AC/DC eine ganz besondere Show im Münchener Circus Krone: Wer dem Ereignis am 17. Juni 2003 beiwohnen wollte, musste an einem Tag im Mai zum Mitternachtsverkauf am Krone-Bau zur Stelle sein — und ein bisschen hoffen.

TEXT: DANIEL BÖHM |FOTO: Screenshot

Auch ohne neues Studio-Album war 2003 ein besonderes Jahr für AC/DC. Dass sie den Sommer über nochmals in die Rolle der Vorgruppe schlüpfen und die Rolling Stones auf deren Licks-Tournee begleiten sollten, ist dabei bloß eine bemerkenswerte Episode: Im Frühjahr waren die Australier in die Rock’n’Roll Hall of Fame aufgenommen worden und gaben am Tag nach den Feierlichkeiten in New York ein überraschend angekündigtes Club-Konzert vor 3.000 glückseligen Fans, die ihre Tickets im Radio gewonnen hatten. Und das außergewöhnliche Spektakel im Roseland Ballroom blieb nicht das einzige seiner Art. Denn zwischen den Stadion-Terminen mit den Stones kehrten Brian Johnson, Malcolm und Angus Young, Cliff Williams und Phil Rudd noch drei weitere Male in Lokalitäten mit vergleichbarem Fassungsvermögen ein: Anfang Juni standen sie auf der Bühne der Berliner Columbiahalle, Ende Oktober beglückten sie in London das einstige Hammersmith Odeon — nach nur vier Minuten war die Show restlos ausverkauft.

An Karten für das erste Konzert von AC/DC im Münchener Zirkus Krone nach 1979 zu gelangen, gestaltete sich kaum weniger einfach: Wer dem Ereignis am 17. Juni 2003 beiwohnen wollte, musste an einem Tag im Mai zum Mitternachtsverkauf am Krone-Bau zur Stelle sein und darauf hoffen, einen der ausgegebenen Wechselscheine zu ergattern, die am Konzerttag gegen Tickets einzulösen waren. Schwer vorstellbar, dass es unter den letztlich rund 1.700 Glücklichen auch nur eine einzige Person gibt, die diese so besondere Show nicht in den persönlichen Top-3 der fantastischsten Konzerterlebnisse aller Zeiten in Stein gemeißelt hätte. Denn die Zeiten, in denen man AC/DC so nah kommen und ganz unmittelbar erleben konnte, lagen schon damals in geradezu prähistorischer Dimension zurück — zur Relation: Erst zwei Jahre zuvor hatten die Hardrocker im Olympiastadion vor rund 67.000 Anhängern gespielt.



Dementsprechend ekstatisch war dann auch die Stimmung des aus beinharten Fans bestehenden Auditoriums, das bei kolossaler Hitze eine wunderbare Setliste geboten bekam, in der auch ›What's Next To The Moon‹ (Powerage, 1978) einen Platz hatte. Ungemein charmant swingte Johnson (»good to have so many friends in the room!«) über die Bretter und suchte den Kontakt zum Publikum, und auch der hier ausgesprochen sauber spielende Angus Young fand sichtbar Gefallen an der ungewohnten Kulisse des bis in die hinterste Reihe ausklinkenden Krone-Baus. Erstaunlicherweise wurde dieses von AC/DC professionell mitgeschnittene Spektakel lediglich als Bestandteil der großen Backtracks-Box in der Gitarrenverstärker-Edition offiziell zugänglich gemacht; Obacht bei den kursierenden Raubkopien, von denen viele lediglich einen Zusammenschnitt bieten.


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