Neil Peart ist tot. Der Schlagzeuger der kanadischen Prog-Rock-Legende Rush verlor am 7. Januar im Alter von 67 Jahren seinen dreieinhalbjährigen Kampf gegen den Krebs und starb an den Folgen eines Hirntumors.
Peart gilt als einer der einflussreichsten Drummer aller Zeiten: Sein technisch anspruchsvoller Stil speiste sich gleichermaßen aus dem Rock wie aus Jazz und Fusion; sein unverkennbarer Sound, der neben dem klassischen Schlagzeug auch diverse Perkussionsinstrumente integrierte, wurde zum Vorbild nachfolgender Schlagzeuger-Generationen.
Geboren wurde Neil Ellwood Peart am 12. September 1952 in Hagersville, einem Vorort von Hamilton in der kanadischen Provinz Ontario. Nachdem er beginnt, auf Haushaltsutensilien zu trommeln, kaufen ihm seine Eltern mit 13 Jahren sein erstes Übungsschlagzeug. Seinen ersten Auftritt absolviert er kurze Zeit später bei einer Weihnachtsfeier in der St. Johns Anglican Church Hall in Port Dalhousie.
Sein Traum, professioneller Schlagzeuger zu werden, führt ihn Anfang der siebziger Jahre nach London. Nach anderthalb Jahren ohne große Fortschritte kehrt er desillusioniert nach Kanada zurück, wo er zunächst in der Landmaschinen-Firma seines Vaters arbeitet. 1974 spielt er bei der Band vor, die ihn weltberühmt machen soll: Rush hatten kurz zuvor ihren Schlagzeuger John Rutsey verloren, der wegen musikalischer Differenzen und Gesundheitsbedenken (der 2008 verstorbene Rutsey litt unter einer Diabeteserkrankung) ausgestiegen war.
»Als sich dieser große, trottelig wirkende Typ an sein Mini-Schlagzeug mit den 18-Zoll-Bassdrums setzte, mussten wir lachen«, erinnert sich Sänger und Bassist Geddy Lee. »Wir dachten, das sei nur ein Tölpel vom Lande. Als er aber das Schlagzeug zu verprügeln begann, tat er im übertragenen Sinne das gleiche mit uns. Ich hatte noch nie einen Drummer gehört, der mit so viel Kraft und Geschicklichkeit spielte.«
In der Folge vervollständigt Peart die Band nicht nur hinter den Kesseln, sondern schreibt auch fast alle Texte des Trios. Inhaltlich beschäftigt er sich in der Frühphase, besonders auf 2112 (1976), mit dem Werk der umstrittenen Objektivistin Ayn Rand, von dem er sich später distanziert. In folgenden Jahren verarbeitet er persönliche, mythologische und literarische Inspirationen.
Außer Rush widmet sich der Kanadier, der auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt, nur wenigen musikalischen Projekten. Seine Buddy Rich-Tributalben von 1994 und 1997 veranlassen ihn allerdings dazu, mit über vierzig Jahren nochmal Schlagzeugunterricht bei Jazz-Drummer Freddie Gruber zu nehmen, der seine Technik und sein Rhythmusgefühl von Grund auf erneuerte, wie er selbst sagte.
Einen Bruch in seinem Leben erlebt der „The Professor“ genannte Perkussionist in den Jahren 1997 und 1998, als erst seine Tochter Selena bei einem Autounfall umkommt und zehn Monate später seine langjährige Frau Jacqueline Taylor an Krebs verstirbt. In der darauf folgenden Bandpause fährt Peart mit seinem Motorrad durch Nordamerika — eine Episode, die er anschließend in seinem zweiten Buch Ghost Rider: Travels On The Healing Road (2002) verarbeitet. Insgesamt sieben Reisereporte veröffentlicht der Musiker zwischen 1996 und 2016.
Nach der finalen R40-Tour zum Bandjubiläum 2015 zieht sich Peart, Zeit seines Lebens ein um seine Privatsphäre bemühter Mensch, komplett aus der Öffentlichkeit zurück. Seine 2016 diagnostizierte Tumorerkrankung wurde erst nach seinem Tod publik.