Saber

Enthusiasten der alten Schule

Die Schätze der Vergangenheit bieten den Neulingen Saber ein ergiebiges Reservoir: Auf Lost In Flames verleiht das kalifornische Speed-Quintett seiner Leidenschaft für melodiebetonten, tief in den Achtzigern verwurzelten Metal eine eigenständige Note.

TEXT: PETER ENGELKING |FOTO: Hugo Juarez

Dass die Bandmitglieder der im Sommer 2018 gegründeten Saber noch nicht einmal geboren waren, als das von ihnen bevorzugte Genre Hochkonjunktur hatte, hält Leadgitarrist Joel Dominguez für irrelevant. »Das ist nebensächlich. Wir sind einfach die Art Band, die wir selbst gerne auf der Bühne sehen möchten«, strahlt der 28-Jährige, während er sich auf der Couch seines Appartements lümmelt. »Jüngere Gruppen um uns herum suchen ihr Glück viel zu oft in Extremen«, fährt er fort. »Da gilt es: Höher, schneller, weiter — Hauptsache, um jeden Preis auffallen. Die achtziger Jahre haben so viele brillante Bands ausgespuckt, deren Werk es für uns nachfolgende Generationen zu entdecken gilt. Die Ära der New Wave of British Heavy Metal ist da nur die Spitze des Eisberges, die frühen Mötley Crüe, Dokken und Riot genauso. Wer Saber entschlüsseln will, sollte mit diesen Gruppen anfangen.«

In ihren Anfängen treffen sich die Musiker regelmäßig im Haus von Jesus Delgado. Der heutige Saber-Trommler gehört der Band zunächst als Rhythmusgitarrist an und wechselt erst nach ihrem 2021 veröffentlichten Debüt Without Warning ans Schlagzeug. In seiner Garage üben sich die jungen Enthusiasten im Nachspielen ihrer Lieblingsstücke und finden sukzessive zu sich selbst. »Das war eine großartige Zeit«, erinnert sich Joel Dominguez. »Wir hingen ständig zusammen ab und haben einander angestachelt, besser zu werden und unseren Weg zu finden. Heute kleben wir uns nicht mehr jeden Tag gegenseitig am Arsch, aber zum Komponieren kommen wir immer alle regelmäßig zusammen, wir leben ohnehin alle in Los Angeles und können uns somit recht zügig an einem Ort verabreden.«



In Trevor William Church finden Dominguez, Delgado, Frontmann Steven Villa, Rhythmusgitarrist Antonio Pettinato und Bassist David Sanchez schon früh einen Weggefährten, der ihnen mit Rat und Tat zur Seite steht. Der Spross des ursprünglichen Montrose-Bassisten Bill Church ist seit Jahren in der Metal-Szene umtriebig und hat mit Beastmaker und Haunt zwei heiße Eisen im Feuer.

»Unser Sänger Steven nahm nach einem Haunt-Konzert Kontakt zu Trevor auf, woraus sich in der Folgezeit eine innige Freundschaft entwickelt hat«, berichtet Dominguez. »Das war ganz zu Beginn unserer Bemühungen, die Band ans Laufen zu bekommen. Damals hatten wir keinen Schlagzeuger und Steven wollte von Trevor an sich nur wissen, wie er das mit Haunt im Studio als Ein-Mann-Combo gebacken bekommt. Trevor lud uns zu sich nach Fresno ein, wo er unser Demo produzierte und uns Kniffe an die Hand gab, durch die unsere Kompositionen rund wurden. Einige Zeit später spielte er dann auch die Schlagzeug-Spuren für unser Debüt ein. Und schließlich nahm er uns mit auf eine gemeinsame Tour mit Haunt, Traveler und Screamer — ein wunderbarer Trip unter Gleichgesinnten. Trevor ist mittlerweile so etwas wie eine Vaterfigur für uns. Einer, der gute Tipps gibt, und uns, wenn es sein muss, auch mal die Leviten liest. Beispielsweise dann, wenn mal wieder die Gäule mit mir durchgehen und meine Vorliebe für John Sykes zu Plagiaten statt zu eigenen Songs führt.«




Vorwürfe über etwaiges Abkupfern müssen sich Saber für ihr zweites Album Lost In Flames sicher nicht gefallen lassen. Stilprägende Akteure wie Exciter, Metal Church, Iron Maiden und Tygers Of Pan Tang sind in den flotten Songs der Kalifornier unschwer auszumachen, und doch schafft es das Quintett, Stücken wie dem galoppierenden ›Shattered Dreams‹ und dem rotzfrechen, achtminütigen Riff-Rabauken ›On The Hunt‹ eine eigene Prägung zu verleihen. Zumal Steven Villas Stimme über eine recht eigenständige Note verfügt. Der Frontmann sei auch auf der Bühne »enorm wichtig und ein elementares Teil im Saber-Puzzle«, wie Dominguez schmunzelnd hinzufügt. Im zarten Alter von acht Jahren war der Gitarrist auf dem iPod seines älteren Bruders über Def Leppards ›Rock Of Ages‹ gestolpert und fortan der harten Rockmusik verfallen.

»Steven ist unser David Lee Roth! Ein Typ, der bei Konzerten niemals stillsteht und in den unmöglichsten Situationen zu verrückten Körperverrenkungen ansetzt. Mich verblüfft es stets aufs Neue, dass er bei all diesen Sperenzien überhaupt noch singen kann. Aber ein paar Showeffekte haben noch nie geschadet, das werden wir in naher Zukunft hoffentlich auch in europäischen Clubs zeigen können.«



Dieser Text stammt ausROCKS Nr. 105 (02/2025).

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