Grinderswitch

Honest To Goodness (1974)

Während es die Band auf ihren späteren Platten immer eindeutiger auf das Terrain von Country- und kalifornischen Westcoast-Rock zog, ist das Grinderswitch-Debüt ein charmantes Statement direkt aus dem amerikanischen Süden. Eins aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Allman Brothers noch dazu.

TEXT: DANIEL BÖHM

1972 steckt Allman-Roadie Joe Dan Petty einen Großteil seines Verdienstes in seine neue Gruppe, in der er selbst Bass spielt. Er lebt in einer Kommune in Warner Robbins, Georgia, der sich nach und nach Dru Lombar (Gesang und Gitarre), Larry Howard (Gitarre) und Rich Burnett (Schlagzeug) anschließen — auf einer alten Farm proben sie und tüfteln gemeinsam an Songs.

»Wir haben damals den ganzen Tag lang nichts anderes gemacht«, erinnert sich Lombar wenige Monate vor seinem Tod 2005. »Larry und Rick waren gut mit Les Dudek von den Allmans befreundet. Joe Dan hat uns 25 Dollar die Woche gezahlt. Er war der einzige, der einen halbwegs geregelten Job hatte. So ging das, bis Phil Walden auf uns aufmerksam wurde.«



Der frühere Manager von Soul-Künstlern wie Otis Redding, Al Green und Sam & Dave hatte sich mit seiner Plattenfirma Capricorn als Geburtshelfer des Southern-Rock erwiesen, bei dem längst nicht mehr nur die Allman Brothers Band unter Vertrag standen. Auch Grinderswitch kommen hier unter: Honest To Goodness ist eine Perle des wahren Südstaaten-Rock, die sich musikalisch irgendwo zwischen der Marshall Tucker Band und eben den Allman Brothers verorten lässt.

Deren Schlagzeuger Jaimoe sorgt als Gast auf der LP mehrmals für Perkussions-Feuer und auch Gitarrist Dickey Betts lässt es nicht nehmen, im Eröffnungs-Boogie ›Kiss The Blues Goodbye‹ zu einem Solo-Duell mit Lombar anzutreten — das wunderbare ›How The West Was Won‹ wäre auch auf Idlewild South oder Brothers And Sisters alles andere als deplatziert gewesen. Genauso wenig das traumhafte, in warmem Southern-Soul gebadete ›Homebound‹, zu dem sich Produzent Paul Hornsby einmal mehr an die Orgel setzt. Vier weitere Alben erscheinen bis zur Auflösung 1982 — Honest To Goodness bleibt unerreicht.


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