Cockney Rebel

Steve Harley (1951-2024)

Steve Harley ist im Alter von 73 Jahren gestorben. Bekannt wurde er als Kopf der schillernden Cockney Rebel, in deren Musik Elemente aus Rock, Glam, Prog und Vaudeville exzentrisch um die Wette funkelten.

Erst im letzten Monat hatte der singende Multi-Instrumentalist seine Tour verschieben müssen, weil er sich wegen einer Krebs-Erkrankung in Behandlung begeben hatte. Am gestrigen Sonntag vermeldete Harleys Tochter Greta den Tod ihres Vaters.

»Steve hat große Kraft aus den Genesungswünschen gezogen, die ihm seine Fans haben zukommen lassen und er würde wollen, dass wir uns dafür und die Unterstützung während seiner ganzen Karriere bedanken.«, schrieb sie im Namen der ganzen Familie. Harley hinterlässt seine Frau Dorothee, seine Kinder Kerr und Greta sowie vier Enkelkinder.

Wie der Name seiner späteren Band nahelegt — als Cockney bezeichnet man den Dialekt seiner Heimatstadt — wurde Stephen Malcolm Ronald Nice in London geboren. Weil er an Kinderlähmung erkrankte, verbrachte er in seiner Kindheit mehrere Jahre in Krankenhäusern; in dieser Zeit begann er sich einerseits für Literatur zu interessieren, andererseits durch Bob Dylan auch für Musik.



Besonders seine Mutter, eine halbprofessionelle Jazz-Sängerin, unterstützte den Jungen in seiner musikalischen Entwicklung: In der Schule lernte er zunächst Geige, später schenkten seine Eltern ihm eine Gitarre. Mit 17 Jahren übernahm er 1968 seinen ersten Job bei der britischen Zeitung Daily Express, erst als Auszubildender in der Buchhaltung, später als Reporter. Drei Jahre und diverse Stationen bei unterschiedlichen Blättern später forcierte er seine Kündigung: Er weigerte sich, eine Krawatte zu tragen und ließ sich die Haare wachsen.

Fortan mischte er zunächst in der Folk-Szene der britischen Hauptstadt mit, gründete aber bereits im 1972 Cockney Rebel. Aufgrund ihrer schrillen Outfits wurde die Formation gerne dem Glam-Rock zugeschrieben, musikalisch unterscheiden sie sich aber deutlich von anderen Vertretern des Genres: Auf ihrem Debüt The Human Menagerie (1973) scheint nicht nur durch den prominenten Einsatz von Violine und akustischer Gitarre der Folk ebenso durch wie Einflüsse aus dem Prog-Rock. Nicht zuletzt der Einsatz von Orchester macht sie zu einem der Pioniere des Symphonic Rock.



Ein wirklich stabile Formation wurde aus ihnen jedoch nie: Nach dem zweiten Album The Psychomodo (1974) blieb dem menschlich zuweilen schwierigen Harley nur Schlagzeuger Start Elliot treu — bis zur zwischenzeitlichen Auflösung im Jahr 1977 firmierte die Truppe wechselnder Musiker unter Steve Harley & Cockney Rebel.

Im gleichen Jahr war er als Gastsänger auf dem Titelstück des T.Rex-Albums Dandy In The Underworld und auf I Robot, dem zweiten Solo-Album von Alan Parsons zu hören (›The Voice‹). Anschließend schob er mit den beiden Platten Hobo With A Grin (1978) und The Candidate (1979) eine mäßig erfolgreiche Solo-Karriere an.



Seinen größten kommerziellen Erfolg nach der ursprünglichen Phase mit Cockney Rebel feierte er 1986: Für das Andrew Lloyd Webber-Musical Das Phantom der Oper sang er an der Seite von Sarah Brightman das als Single veröffentlichte Titelstück ein.

Im dazugehörigen Video ist er als das Phantom zu sehen, auf der Bühne jedoch nie: Obwohl er zunächst die Zusage für die Rolle bekam und sich mehrere Monate vorbereitete, wurde er letztendlich durch den Schauspieler Michael Crawford ersetzt.


 


Bis zuletzt blieb Harley als tourender Musiker aktiv, seit den frühen Neunzigern immer wieder auch mit Cockney Rebel als Begleitformation. 2005 erschien in The Quality Of Mercy das letzte Studiowerk als Steve Harley & Cockney Rebel; sein letztes von sechs Solowerken war Uncovered (2020). Daneben moderierte er von 1999 bis 2008 eine Sendung auf dem britischen Radiosender BBC 2.

Am 17. März, rund drei Wochen nach seinem 73. Geburtstag, starb Steve Harley in seinem Haus in der südenglischen Grafschaft Suffolk.


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