Seine fünfzehn Minuten Ruhm erlebte Michael Grant vor einigen Jahren mit seiner kurzlebigen Band Endeverafter, als ihr Song ›I Wanna Be Your Man‹ in einer Episode der erfolgreichen US-Serie Scrubs zu hören war.
»Eigentlich waren es nur drei Minuten«, lacht der Gitarrist und Sänger, der Endeverafter nach ihrem starken Debüt Kiss Or Kill und einigen Japan-Shows mit Kiss auflöst. 2013 heuert er als Leadgitarrist bei L.A. Guns an, wird zum Rhythmusgitarrist, nachdem sich Phil Lewis mit Rückkehrer Tracii Guns versöhnt hat, und spielt mit ihnen 2017 das starke The Missing Peace (2017) ein. Ein halbes Jahr darauf erhält er unerwartet die Kündigung, was den impulsiven Burschen aus Sacramento noch heute mit reichlich Zorn erfüllt.
»Das Management hat es nicht für nötig gehalten, persönlich mit mir über die Sache zu sprechen. Hintenrum hieß es, es wäre nicht leicht mit mir zu arbeiten. Aber drei Mitglieder der Band haben mir versichert, dass sie traurig über mein Ausscheiden gewesen wären. Bleibt eins übrig, das anscheinend nicht ganz so traurig war.«
Gemeint ist wohl Phil Lewis, Sänger der Sleaze-Urgesteine und nicht unbedingt dafür bekannt, sich allzu wohlwollend über frühere Mitglieder zu äußern. »Ich muss mir aber vorwerfen lassen, womöglich eine Spur zu vehement für Dinge plädiert zu haben, die ich für gut und richtig gehalten habe. Schließlich war es nicht meine Band. Wenn man wirklich konsequent sein Ding durchziehen will, muss man das eben auf eigene Rechnung tun. Und das mache ich jetzt, ich habe wirklich keinen Bock mehr darauf, von anderen abhängig zu sein.«
Noch im selben Jahr startet er Michael Grant & The Assassins und arbeitet, nur unterstützt von seinem früheren L.A. Guns-Kollegen Shane Fitzgibbon am Schlagzeug, zwei Jahre lang an seinem Debüt Always The Villain. Musikalisch setzt es dort an, wo Endeverafter seinerzeit den Schlussstrich zogen — und tönt wie aus einem Guss.
»So ein Studio kann sehr einschüchternd sein. Ich war oft kurz vor dem Verzweifeln, wenn die ganzen Apparate nicht so wollten wie ich. Ich habe mich richtig in die Aufnahmen verbissen, und als Drums und Bass im Kasten waren, wusste ich, dass die Platte wirklich gut werden würde.
Ich muss ganz ehrlich zugeben, dieser Moment, als alles fertig und ich zufrieden war, hat mich mit enormem Stolz erfüllt. Und was das Beste war: Diesen Stolz musste ich mit niemandem teilen oder rechtfertigen, weil ich ganz alleine meine Musik verwirklicht habe und sie nicht mit Nägeln und Klauen gegen andere Bandmitglieder verteidigen musste. Wenn eine Platte nicht gut ankommt, fallen doch alle über dich her und sagen, dass ihnen das von Anfang an klar gewesen war. Danke nein, die Kloppe stecke ich lieber alleine ein.«
»Ich will jetzt nicht großspurig klingen, aber Prince ist in dieser Hinsicht mein großes Vorbild, auch wenn man das der Scheibe vordergründig nicht unbedingt anhört. Mich hat immer sehr die Art beeindruckt, wie er Platten aufgenommen hat. Jede noch so kleine Nuance, die zu hören ist, hat er genau so gewollt. Auch als Gitarrist ist er eine große Inspiration, seine Soli sind sehr emotional und beinahe wie eigene kleine Kompositionen innerhalb der Stücke. Er hat Gefühl immer über Technik gestellt. Das hat mir gefallen und mir erst den Mut gegeben, auf ähnliche Weise vorzugehen. Und ich habe gelernt, dass man einiges an Selbstvertrauen braucht, um das alles alleine durchzuziehen.«
Obschon Grant das im Überfluss besitzt, kommen die Aufnahmen einem langen Kampf gleich, die den Musiker immer wieder vor neue Probleme stellen. Die kurzzeitigen Zweifel an den eigenen Fähigkeiten hätten ihn am Ende aber über seine Grenzen hinauswachsen lassen, meint er.
Diese Schmach sollte Grant erspart bleiben, liefert er doch ein ebenso packendes wie ausgeglichenes Hardrock-Werk, das durch Vielseitigkeit und eine hohe Hitdichte besticht. »Ich habe versucht, jedem Stück einen eigenen Charakter zu verleihen, denn ich mag so ziemlich alles, was zwischen Beatles und In Flames liegt, vor allem stilistisch breitgefächerte Alben wie Siamese Dream von den Smashing Pumpkins oder Purple Rain von Prince.
Mit ›Barrel Of A Gun‹ habe ich versucht, eine Art Sleaze-Rock-Version von Thin Lizzy zu kreieren, ein Hardrocker, der den Hörer sofort überrollen soll. Phil Lynott ist definitiv eins meiner absoluten Idole. Und ich kann bestätigen, dass es richtig schwer ist, einen Riff so lässig klingen zu lassen, wie Thin Lizzy es taten. ›Red Light Run‹ ist echter Klassik-Rock mit Radio-Qualitäten, dazu habe ich auch ein Video gedreht, ›Anthem Of You‹ oder ›Nightmares‹ gehen dagegen dezent in die Modern-Rock-Richtung. Und ein Stück wie ›Break Me With U‹ würde man mit seinen elektronischen Klängen und verzerrten Vocals wohl kaum auf einem gängigen Metal-Album erwarten.«