Wandlungsfähigkeit war schon immer eine große Stärke Alice Coopers, die ihm über fünf Jahrzehnte hinweg die künstlerische Relevanz sicherte. Zahllose Male hat er sich neu erfunden und sich musikalisch seiner Umgebung angepasst, ohne dass er jemals damit aufgehört hätte, Alice Cooper zu sein. Mit Road verhält es sich nicht anders.
Es ist ein Album, auf dem er erstmals seine schlagkräftige Live-Band in den Fokus rückt und mit ihr Songs geschrieben und aufgenommen hat, so wie er es einst mit der originalen Alice Cooper Band tat. Sein 29. Studio-Album ist zu 95 Prozent live im Studio und mit nur ganz geringem Feinschliff entstanden und ein lebendiges, sehr unterhaltsames und in der Summe schnelles Album ohne Längen geworden, das mühelos den Bogen vom Billion Dollar Babies-Glam-Sound (›I’m Alice‹, ›Welcome To The Show‹) über den zeitlosen Rock’n’Roll von The Last Temptation und The Eyes Of Alice Cooper (›Dead Don’t Dance‹, ›White Line Frankenstein‹) bis hin zum Gasolin-Charme von Detroit Stories spannt (›Go Away‹).
Trotz der Kürze der Lieder tauscht die Triple-Gitarren-Armada aus Nita Strauss, Tommy Henriksen und Ryan Roxie angriffslustige Soli auf engstem Raum, ohne diese unnötig in die Länge zu ziehen. Dass es auch einmal sentimental zugeht, ist bei einem Album über das Leben auf der Straße nicht verwunderlich, aber so nachdenklich wie in ›Baby Please Don’t Go‹ hat man den Theater-Rock-Altmeister, der in seiner langen Karriere unzählige Bühnentode erlitten hat, selten erlebt.
Am anderen Ende des emotionalen Spektrums findet sich der eingängige, fast betont blödsinnige Nonsens-Rocker ›Big Boots‹ oder das regelrecht befreiende ›Road Rats Forever‹, welche die plausible These der Rock-Ikone untermauern, dass dieser Sound die pure Rock’n’Roll-Lebensfreude ausstrahlt — und dabei alle andere als perfekt klingt.