Paice Ashton Lord

Malice In Wonderland

EAR Music
VÖ: 2019

Falscher Zeitpunkt, falscher Ort

Paice, Ashton, Lord versuchten ihrer Zeit voraus zu sein mit ihrer Kreuzung aus Jazz und Rock. Zumindest hat so Schlagzeuger Ian Paice die Band beschrieben, die 1976 nach dem Split von Deep Purple ihr kurzes Leben begann. Nur ein Album wurde veröffentlicht, ein zweites blieb unfertig in der Schublade. Es war wohl nicht die richtige Zeit für diese Band, die sich mit voller Absicht weit abseits des Sounds von Deep Purple positionierte: funkige Rhythmen, Bläser, weibliche Backing-Vocals, damit konnte sie nur einen kleinen Teil der alten Deep Purple-Klientel überzeugen, die Ritchie Blackmore bereits mit zwei Rainbow-Alben auf seine Seite gebracht hatte.

Zudem war Tony Ashton als Sänger und Entertainer zwar ein Ass in verschwitzten Clubs, aber nicht der Frontmann, den es für die angepeilten großen Bühnen gebraucht hätte. Diese Neuauflage enthält — analog zur ersten Wiederveröffentlichung 2001 — das Originalwerk plus Songs des zu Wirkzeiten des Ensembles unveröffentlicht gebliebenen zweiten Albums, die erneut remastered wurden. Auf keinen Fall wollten sie so laid back klingen wie die Average White Band, lautete Tony Ashtons Credo.

In ihren besten Momenten (›Remember The Good Times‹, ›Silas & Jerome‹) lösten sie diese Maßgabe überzeugend ein: Die Musik von Paice, Ashton, Lord ist verspielt, mit Soul und mit Funk-Grooves ausgestattet und letztlich eben doch schweißtreibender Rock. Mit dem ehrlichen Blues ›I’m Gonna Stop Drinking Again‹ hätte Joe Cocker sicher einen Welthit gelandet. Aber das mit Plüschsaxofon durchgespülte ›Arabella‹ war dann doch schon wieder nahe an der proklamierten No-go-Area. Die Bonus-CD beweist, dass das zweite Album unterm Strich die gleichen Qualitäten gehabt hätte.

(7/10)

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