Als sich die mit einer bombastischen Bühnenproduktion ausgestattete Seventh Tour Of A Seventh Tour ihrem Ende entgegen neigte, hatten Iron Maiden als aufregendste Heavy Metal-Band des Planeten alles erreicht. In der Folge gab Bruce Dickinson seinem Drang nach künstlerischer Entfaltung nach — und setzte mit Tattooed Millionaire eine folgenschwere Kausalkette in Gang, die wenige Jahre später in der zeitweiligen Trennung von Maiden gipfelte.
Sein 1990 erschienenes Solo-Debüt ging aus dem Engagement für einen Beitrag zur Filmmusik von A Nightmare On Elm Street 5: The Dream Child hervor, für das der Sänger 1989 eine frühe Version des später auch von Maiden aufgegriffenen ›Bring Your Daughter To The Slaughter‹ aufnahm und dafür gemeinsame Sache mit dem Gitarristen Janick Gers, Bassist Andy Carr (dessen Band 3 Rivers der Sänger im Management betreute) und Schlagzeuger Fabio Del Rio (Jagged Edge) machte. Schwungvollem Hardrock hatte sich Dickinson auf Tattooed Millionaire verschrieben, der zumindest eine Plattenseite lang gut unterhält und das ein halbes Jahr später folgende No Prayer For The Dying von Iron Maiden gleich noch viel grobköringer wirken lässt. Gerade den euphorischen Titelsong möchte man nicht missen, obgleich auch dieser nicht übertünchen kann, dass der Sänger nicht den Hauch eines Schimmers davon hatte, wie er in diesem neu geschaffenen Umfeld seine durch Maiden gestählte Stimme einsetzen sollte.
Bizarr ist die Verpuffung jedweder Substanz auf der zweiten Plattenseite, auf der das fragwürdige Mott The Hoople-Cover ›All The Young Dudes‹ und der komplett ereignislose Sleaze-Verschnitt ›Lickin’ The Gun‹ noch am ehesten vorzeigbar sind. Die Titelhymne (die, von einem Video-Clip angeschoben, den Storm Thorgerson von der Design-Schmiede Hipgnosis konzipierte, noch im April des Jahres 1990 den 18. Platz der britischen Single-Charts belegte) und vor allem das irgendwo zwischen Alice Cooper, den Starfighters und AC/DC aufgezogene ›No Lies‹ dagegen sind andere Kaliber. Das epische ›Son Of A Gun‹ und ›Dive! Dive! Dive!‹ sowieso: Letztere Nummer klingt beinahe wie eine bissig von Dickinson gebellte Aerosmith-Nummer.
Als Album wirkt Tattooed Millionaire nicht unbedingt konsistent, aber doch meist so mitnehmend, dass man dem Mann mit dem markanten Gesangsstil gerne dabei zuhört, wie er sich herausfordert mit Musik, die nur am Rande etwas mit dem theatralisch aufgeladenen Filigran-Metal seiner Hauptband zu tun hat.