David Bowie

The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars (1972)

Die Siebziger sind gerade erst angebrochen, da hat David Bowie bereits mehrere künstlerische Häutungen hinter sich. The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars öffnete den Vorhang zu Bowies großem Rock-Theater.

TEXT: DANIEL BÖHM

Die Siebziger sind gerade erst angebrochen, da hat David Bowie bereits mehrere künstlerische Häutungen hinter sich: Für die Folk-Lieder seines selbstbetitelten Erstlings interessiert sich 1967 kaum jemand; zwei Jahre später gibt er auf Space Oddity den bizarren Science-Fiction-Hippie und Folk-Poeten und erschafft in Major Tom seine erste Kunstfigur.

Auf The Man Who Sold The World wirkt er 1970 wie ausgetauscht: Statt Akustikklampfen flirten nun ruppige Gitarren kess mit dem Hardrock — richtungsweisender hätte der Beginn seiner Partnerschaft mit Gitarrist Mick Ronson kaum gelingen können. Hunky Dory hat alles, wofür Bowies Musik steht, was sie so anziehend und zuweilen auch rätselhaft macht: Charisma, Tiefe, Drama, hymnischer Gesang, der durch Mark und Bein geht (›Life On Mars?‹).



Interessiert hat das selbst in seiner Heimat vorerst niemanden, die noch mindestens ein Jahr lang fest in der Hand von T.Rex bleiben wird. Bis sich zur bedrohlichen Kulisse des apokalyptischen ›Five Years‹ der Vorhang zu Bowies großem Rock-Theater öffnet, das er aus mehreren schicksalhaften Szenen entwickelt hatte.

Der Menschheit stehen die letzten fünf Jahre ihrer Existenz bevor, als Ziggy Stardust auf der Bildfläche erscheint: ein Außerirdischer in der menschlichen Erscheinungsform eines Rockstars, der auf die Erde gekommen ist, um eine Botschaft der Hoffnung zu überbringen. Ziggy verkörpert Rockmusik in ihrem extremsten Zustand.



Er ist dekadent, zügellos und amoralisch — und geht in einem Strudel aus Drogen, Sex und Fan-Hysterie zugrunde. Musikalisch ist The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars mindestens genauso sehr ein Verdienst des Arrangeurs Mick Ronson wie von Bowie selbst, der mit seiner geschaffenen Figur verschmilzt und am Ende wohl selbst nicht mehr genau sagen kann, ob Bowie Ziggy ist oder Ziggy Bowie.

›Moonage Daydream‹, ›Starman‹, das von Marc Bolan inspirierte ›Lady Stardust‹, ›Star‹ und nicht zuletzt das Abschluss-Tripple aus ›Ziggy Stardust‹, dem brettharten ›Suffragette City‹ und ›Rock’n’Roll Suicide‹ krönen eins der größten Heavy-Rock-Alben aller Zeiten: Inszenierung wird zur Kunstform.


ROCKS PRÄSENTIERT

DAS AKTUELLE HEFT

Cover von ROCKS Nr. 104 (01/2025).