Wie autobiografisch kann eine Autobiografie sein, die elf Jahre nach dem Tod ihres Verfassers erscheint und von seiner Ehefrau und Managerin sowie von einem Journalisten und renommierten Autor posthum vollendet wurde? Ganz lässt sich diese Frage bei der Lektüre nicht unterdrücken. Immerhin ist es Wendy Dio und Mick Wall zu danken, dass Rainbow In The Dark überhaupt veröffentlicht wurde: Ronnie James Dio, der am 26. Mai 2010 seinem Magenkrebsleiden erlag, hatte nach Erhalt der Diagnose im November 2009 damit begonnen, Aufzeichnungen über sein bewegtes Leben und seine Karriere anzufertigen. Handschriftlich — und schließlich auch im Angesicht des Todes.
Davon ist absolut nichts zu spüren in diesen Erinnerungen, die vielmehr von Demut, Dankbarkeit, Humor, Zuversicht und Offenheit geprägt sind. Sie umspannen allerdings nicht das gesamte Karriereleben des großen Sängers, sondern enden am 20. Juni 1986: Jenem Tag, an dem sich für ihn in New York City ein großer Traum erfüllt: »Als Teenager bin ich fast jede Woche am Madison Square Garden vorbeigegangen, habe einen Blick auf die großen Namen in Leuchtschrift geworfen und mir selbst geschworen: Eines Tages spiele ich auch hier.« Das hatte er zwar zuvor bereits mit Black Sabbath, nun aber auch unter eigenem Namen mit seiner Band Dio.
Der Weg dorthin war ein steiniger, zuweilen auch tragischer, lässt sich in Rainbow In The Dark erfahren, das den Lebensgang des am 10. Juli 1942 im amerikanischen Portsmouth, New Hampshire geborenen Musikers nachzeichnet und so etwa von dem Sechsjährigen erzählt, der vom Vater zum Trompetespielen verdonnert wird. Von dem Bassisten, der mit seiner Combo das Tourensemble für Gene Pitney bildete. Und schließlich auch von dem kleinen Frontmann früher Bands wie Ronnie Dio And The Prophets, mit denen er zehn erfolglose Singles aufnahm und mit anderen komplette Alben wie Tommy von The Who oder Abbey Road von den Beatles coverte, bis er als Vorgruppe von Elton John, Alice Cooper und Uriah Heep Amerika betourte und vor Deep Purple auftrat.
Eine folgenreiche Begegnung — der Rest ist Geschichte, sofern es die puren Fakten betrifft. Die Leerstellen füllt der legendäre Sänger amüsant wie auch nachdenklich mit Anekdoten. Etwa der, wie er und seine Band Elf in England von ihrem allerletzten Geld Gras kaufen und sich über die ausbleibende Wirkung wundern: Sie hatten genau das bekommen, geradewegs aus dem Rasenmäher. Auch spart er nicht mit offenen Worten hinsichtlich der knallharten Seite des vermeintlich glamourösen Musik-Business wie auch der Trennungen von Ritchie Blackmore und Rainbow oder Tony Iommi und Black Sabbath.
Zugleich wird er nicht müde, seinen Respekt, seine Wertschätzung und Dankbarkeit zu formulieren. Dies auch Gitarrist Vivian Campbell gegenüber, der im Streit um eine angeblich zugesicherte, letztlich jedoch nie erhaltene gleichberechtigte finanzielle Beteiligung die Band verließ, was das Verhältnis der beiden auch posthum belastet. Ausführlich und unaufgeregt schildert Dio seine Sicht der Dinge. Insbesondere hier irritieren die explizit gekennzeichneten Einschübe und Kommentare von Ehefrau Wendy, die dieses Buch für etliche „Richtigstellungen“ nutzt und so den Charakter dieses Buches als Künstlermemoiren auf unwürdige Weise beschädigt.
Die Übersetzung ist flüssig und gibt Dios Plauderton angenehm wieder. Chronologisch angeordnet, wird jedes der 17 Kapitel von einer Fotoseite in Schwarzweiß eröffnet. Eine achtseitige Fotostrecke, teils mit Farbaufnahmen und etliche Aufnahmen aus dem privaten Fotoalbum in Buchmitte ergänzen die Lebensgeschichte eines großartigen Musikers, dessen Hingabe an die Musik und seine Träume ein viel zu kurzes, aber erfülltes Leben beschreiben.