Jeder Versuch, überhaupt erst darüber diskutieren zu wollen, ist vertane Zeit: Eine lässigere Formation als ZZ Top hat der Blues- und Boogie-Rock nie gesehen. Dass Billy Gibbons und Dusty Hill auf der Konzertbühne keine Sporttänzer waren, ist bereits seit den frühen Siebzigern bekannt. Vermisst hat man nichts. Und doch stach zuletzt die Diskrepanz zunehmend ins Auge, die sich zwischen der Musik, ihrer Darbietung und der Größe der von ZZ Top bespielten Bühnen auftat.
Auch bei ihrem Auftritt 2013 beim Jazz-Festival in Montreux gibt es viel freie Fläche und einen blitzblanken Boden, auf dem der Austin-Dreier sein energieeffizientes Unwesen treibt — fast hat man den Eindruck, in den Einspielern, die auf drei großen Videoleinwänden im Hintergrund flimmern, bewege sich alles gleich viermal so schnell.
Langweilig ist dieser Mitschnitt deshalb noch lange nicht. Die Kamera hält erfreulich oft auf Gibbons’ knorrige Finger und aufs Griffbrett seiner herrlichen Telecaster: Ein Genuss, so dicht dran zu sein, wie der Meister einem Stück Holz diese umwerfend cool knarzenden Riffs, Licks und Sounds entlockt — gerade bei ihren einst üppig produzierten Songs der Achtziger und frühen Neunziger, die ZZ Top bis auf die Blues-Knochen abgenagt haben (›Gimme All Your Lovin’‹, ›My Head’s In Mississippi‹, ›Pincushion‹) und sich hemmungslos hypnotischen Grooves hingeben.
Im Mittelteil gesellen sich Hammond-Spezialist Mike Flanigan und Gitarrist Van Wilks zur Ehrung des verstorbenen Festival-Initiators Claude Nobs bei einigen Stücken auf die Bühne.