Dream Theater

Metropolis, Pt. 2: Scenes From A Memory (1999)

Metropolis Pt. 2: Scenes From A Memory ist das Album, mit dem Dream Theater ihr zweites Leben einläuten. Sie etablieren eine engmaschige Soundästhetik, die ihre Band fortan definiert: Ein enormes Konzeptwerk auf den Spuren großer Vorbilder.

TEXT: DANIEL BÖHM

Nachdem sie die zähe und von allerlei traumatischen Begleiterscheinungen torpedierte Entstehung von Falling Into Infinity an den Rand der Auflösung brachte, setzen Dream Theater beim Folgealbum durch, nur zu ihren eigenen Bedingungen zu arbeiten.

In der Folge lassen die Pioniere des Progressive Metal ein imposantes Werk entstehen, das ihnen neues Leben einhaucht und eine engmaschige Soundästhetik etabliert, die ihre Band fortan definiert.

Metropolis Pt. 2: Scenes From A Memory (1999) ist das erste Album der New Yorker, das in einem Arbeitsgang geschrieben, ausgearbeitet und aufgenommen wird — und zudem ihr erstes Konzeptwerk mit einer durchgängigen Geschichte, die sich grob am Plot des Film-Thrillers Schatten der Vergangenheit entlanghangelt.

Die musikalische Grundlage ihrer rätselhaften Psycho-Story bietet das Demo-Überbleibsel ›Metropolis Pt. 2‹ aus den Sessions zu Falling Into Infinity, das so lange ausgebaut wird, bis ein vollreifes Konzept-Opus mit einer Spielzeit von über siebzig Minuten entsteht, in dem immer wieder Verweise auf ›Metropolis — Part I: The Miracle And The Sleeper‹ (Images And Words, 1992) aufblitzen.



Es ist ein Album, das sich nur langsam offenbart und sich erst dann verständlich macht, wenn es am Stück gehört und entschlüsselt wird. Sogar ein Gospel-Chor und knappe Erzählpassagen finden Platz in dem sehr warm tönenden Werk, das sich über zwei Akte mit insgesamt zwölf Szenen erstreckt.

Wie sich musikalische Themen entwickeln und ineinander überführen lassen und überhaupt eine solche Geschichte durchgehend und spannend musikalisch verarbeitet werden kann, haben sich Dream Theater bei großen Vorreitern abgeschaut: The Who (Tommy), Genesis (The Lamb Lies Down On Broadway), Marillion (Misplaced Childhood) und Pink Floyd (The Wall und The Final Cut) standen hier ebenso Modell wie Queensrÿche mit Operation: Mindcrime, dessen Einfluss ganz besonders spürbar bleibt.



Man achte nur darauf, wie ›Scene Two: II. Strange Deja Vu‹ in das Piano-Intermezzo ›Scene Three: I. Through My Words‹ übergleitet und unversehens im bombastischen ›Scene Three: II. Fatal Tragedy‹ gipfelt, in dem Dream Theater schlüssig mit etlichen Reminiszenzen an Queen und Kansas jonglieren — noch viel kompakter und berührend dann in ›Scene Eight: The Spirit Carries On‹: Ein Meisterwerk.


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