Dust Bowl Jokies

Dust Bowl Jokies

Rodeostar
VÖ: 2016

Street-Rock vom Feinsten

Menschen mit einer Schwäche für den Sleaze-Rock der Achtziger mussten in den letzten Jahren immer wieder mit ansehen, wie diese an für sich bodenständige und sehr energetische Spielart des Straßen-Hardrock immer mehr zum U-18-Maskenball verkommt, bei dem die Größe der getragenen Hüte offenbar all das kompensieren soll, was eine gute Band eigentlich ausmacht: substanzielle Songs mit musikalischer Ausstrahlung.

In dieser Hinsicht waren zuletzt Casablanca eine rühmliche Ausnahme. Und auch die schwedischen Landsleute Dust Bowl Jokies zählen zu den hellen Lichtblicken — zumal sie sich auf ihrem zweiten Album gleich um einiges ausgebuffter und kompositorisch reifer geben als auf dem Erstling Cockaigne Vaudeville, der immerhin mit ›Boots On Rocks Off‹ bleibenden Eindruck hinterließ: Einem Schmuckstück, das die Dogs D’Amour und Hardcore Superstar zur Zeit von Thank You (For Letting Us Be Ourselves) miteinander verzwirbelte.

In den vergangenen zwei Jahren ist es dem Fünfer gelungen, zu einer hochprofessionellen Band mit eigenen Charakterzügen zusammenzuwachsen. Und zwar rund um die herausstechende Stimme von Alexander „Alexx“ Brorsson, die selbst einen verhältnismäßig unspektakuläreren Song wie ›Hogs & Helfers‹ trägt und unter Strom setzt. Gottlob gibt es davon nur wenige auf Dust Bowl Jokies, einer ganz und gar unaffektierten Street-Rock-Platte, die mit ungeleckten und bemerkenswert starken Refrains gesegnet ist, wie man sie in diesen Tagen nur selten hört.

Im kraftstrotzenden ›Borderland‹ zum Beispiel. Oder im breitbeinigen ›The Moon Hanger Groove‹, wo Faster Pussycat, Guns N’Roses und Hardcore Superstar zusammenfinden. ›Old Fashioned Country Canvas‹ erinnert nicht nur wegen des Saxofon-Einsatzes ein bisschen an Hanoi Rocks; auch im Kraft-Chorus der famosen ›Pink Flamingos‹ wird wirkungsvoll getrötet. Die Riffs und Chöre von ›Bad Juju‹ sind Faster Pussycat durch und durch — und spätestens beim Harp-Einsatz in der Cowboy-Ballade ›Rawbone‹ denkt wohl jeder ganz unweigerlich an ›House Of Pain‹. Dass bei all diesen Namen trotzdem nichts nach Kiddie-Sleaze oder plumpem Nachbau tönt, ist die eigentliche Kunst der Dust Bowl Jokies.

(7.5/10)
TEXT: DANIEL BÖHM

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