Pablo Sancha ist sich bewusst, dass Progressive Metal von der iberischen Halbinsel kritischer beäugt wird als vergleichbare Klänge etwa aus Amerika. Mit ihrem Debüt Face The Storm suchte die Formation aus Albacete zwischen Künstlern wie Devin Townsend, dem Genre-Primus Dream Theater, Kamelot und Symphony X ihren eigenen Charakter.
Dem kommen After Lapse mit Pathways nun ein gutes Stück näher, nicht nur dank der Verpflichtung eines zweiten Gitarristen. In dem Genre sei es schwer genug, einen eigenen Sound zu finden, erklärt der 37-jährige Keyboarder und Bandgründer, der neben Jordan Rudess, dem aktuellen, auch den früheren Dream Theater-Tastenmann Kevin Moore und speziell dessen Band OSI sehr verehrt. Mit nur einer Gitarre und Keyboards habe seine Band noch eindimensional und etwas vorhersehbar geklungen.
»Es fehlten die Tiefe und etwas mehr Riff-Power. Wir haben nun einen Gitarristen, der den klassischen, und einen, der den modernen Ansatz verfolgt, und das verleiht unserem Sound einen reizvollen und starken Kontrast.« Die Herausforderung habe darin bestanden, so Sancha, beide Extreme in Einklang zu bringen, die Keyboards effektiv einzubinden und dem Sound trotzdem die nötige Luft zum Atmen zu verschaffen. »Das erforderte sehr viel mehr Arbeit, gerade was die Arrangements betrifft, und war mitunter eine ganz schöne Tüftelei, aber wir sind mit dem Ergebnis sehr glücklich.«
Sancha selbst setzt eine breite Palette an Tastenklängen jederzeit songdienlich und nie zu reinem Selbstzweck ein. Pate dafür stand etwa Devin Townsends Ocean Machine. »Das ist ein Album, das ich aufgrund seiner eisigen Atmosphäre liebe. Je älter ich werde, desto wichtiger sind mir Texturen und Ornamentierung. Einzig schnell zu spielen macht in meinen Augen kein Lied besser.«
Diese These untermauert Pathways weitgehend, das sehr bandorientiert wirkt und durch eine große Bandbreite besticht, die vom mächtigen Riff-Rocker (›Wounds Of The Past‹) über jazzige Passagen (›Thanks, But No Thanks‹) bis hin zu esoterisch anmutenden Zwischentönen (›Temperance‹) reicht. Dafür hat der studierte Musiker vor allem bewährte Denkmuster über Bord geworfen.
»Mir war wichtig, dass wir uns weiterentwickeln und nicht ein Album machen, das sich zu gefällig an Face The Storm orientiert. Das hätte uns auch schnell gelangweilt, deshalb haben wir nicht geschaut, was wir auf der ersten Platte gut gemacht haben, sondern was wir nun anders machen könnten. Schwierig war dabei eigentlich nur, die Songs komplex und trotzdem zugänglich zu gestalten. Wir haben kurz dazu tendiert, noch am Ende Taktwechsel oder Tempoverschiebungen einzubauen, aber wir haben sehr schnell gemerkt, dass die Songs das gar nicht brauchen.«
Dieser Text stammt aus ►ROCKS Nr. 104 (01/2025).