Scott Gorham hat die kritischen Stimmen vernommen und vom Plan abgelassen, ein neues Album unter dem Bandnamen Thin Lizzy zu veröffentlichen. Doch auch als Black Star Riders verlassen der Saitenexperte und seine Mitstreiter den angestammten Klangkosmos nur ansatzweise. Der Kern der Formation konnte sich über die Distanz von zwei Jahren über unzählige Konzertauftritte prächtig aufeinander einspielen, so dass die Eckpunkte beim Songschreiben wie selbstverständlich auf der Hand lagen. Experimente? Nicht wirklich.
Nahezu alle Stücke auf dem entstandenen All Hell Breaks Loose setzen auf altbekannte Lizzy-Markenzeichen: Die Herren Gorham und sein Gitarrenpartner Damon Johnson brillieren bei zahlreichen Saiten-Duellen, Bassist Marco Mendoza verlegt den rutschfest geknüpften Rhythmus-Teppich und Sänger Ricky Warwick hängt stimmlich ziemlich dicht am Gestus des verstorbenen Bandvorstehers wie nach einem Feldspaziergang die Klette am Hosenbein. Einzig Jimmy DeGrasso fällt aus der Rolle: Der nur wenige Wochen vor den Aufnahmen zur Band gestoßene Schlagzeuger ist nun mal kein Brian Downey, dessen Swing All Hell Breaks Loose ausgesprochen gut getan hätte.
Auch der von Kevin Shirley hier und da gewöhnungsbedürftig isnzenierte Klang ist die eine oder andere Diskussion wert — im Grunde aber nur eine Frage des persönlichen Geschmacks. Die verkorkste Wahl des Albumeinstiegs ganz sicher nicht: Der behäbig und austauschbar tönende Titelsong macht wenig Appetit auf das Folgeprogramm; erst ›Bound For Glory‹ wirkt Wunder. ›Kingdom Of The Lost‹ spielt mit irischem Folk und ›Hey Judas‹ könnte musikalisch als kleiner, zeitgemäße Bruder des ›Cowboy Song‹ durchgehen. ›Blues Ain’t Bad‹ und ›Hoodoo Voodoo‹ grooven auch mit DeGrasso verwegen und das treibende ›Bloodshot‹ oder ›Before The War‹ stellen den Hymnenfaktor in den Vordergrund, ohne in Plattitüden abzudriften. Und doch ist All Hell Breaks Loose nicht der todsichere Volltreffer geworden, auf den die meisten gewettet hätten. Grundsolide ist die Platte aber allemal.