Haide Manns ist Historikerin. Und sie singt den Blues. Da lag der Gedanke vielleicht nicht so fern, auch mal ein Buch über die Rolle der Frau in der Geschichte des Mutter-Genres der Pop- und Rockmusik zu schreiben. Bluesfrauen – Starke Stimmen und ihre Geschichten taucht kenntnisreich und mit Leidenschaft tief ein in ein Stück Musikgeschichte, das für all diejenigen neu sein dürfte, die glauben, dass Robert Johnson und Charlie Patton (oder gar John Mayall und Eric Clapton) das Genre im Alleingang erfunden haben.
Manns hat ihre Hausaufgaben gemacht und bringt Sachverstand und Liebe zum Thema zuhauf ein: Über Seiten hinweg nennt sie beispielsweise die Namen von Sängerinnen — Powerfrauen genannt — die den Blues einst geprägt haben und die heute noch für einen „Frauen-Blues“ voller Saft und Kraft stehen. Das allein weckt schon die Lust, auf musikalische Entdeckungsreisen zu gehen.
Denn wenn da bekannte zeitgenössische Musikerinnen wie Joanna Connor, Candye Kane oder Maria Muldaur neben unbekannten Künstlerinnen vergangener Jahrzehnte auch nur genannt werden, dann muss da ja noch eine ganze Menge Material im Verborgenen liegen, über das heute kaum mehr jemand spricht.
Anhand zahlreicher Songtexte zeichnet Haide Manns zudem eine Sozialgeschichte — nicht nur — des Südens der USA vor rund hundert Jahren nach: Lieder wie der ›Dirty No Gooder’s Blues‹ von Bessie Smith oder ›Unlucky Woman‹ von Helen Hume erzählen von miesen, gewalttätigen Typen und vom Pech in der Liebe. Dem setzten die Sängerinnen damals in ihrer Musik viel sexuelle Selbstbestimmung und auch schon mal einen ordentlichen Schluck aus der Pulle entgegen.
So etwa Ma Rainey, die vom ›Blues And Booze‹ singt, oder Julia Lee, die die Vorzüge ihres ›King Size Papa‹ preist. Aber die Autorin belässt es nicht dabei und zeichnet auch den Weg der Bluesfrauen — beispielsweise über den Brit-Blues der Sechziger — bis in unsere Zeit nach. Haide Manns dokumentiert damit ein wichtiges, bis heute oft vernachlässigtes Kapitel Musikgeschichte: Der Blues ist immer schon Frauensache gewesen. Eine emanzipatorische Musik, ein Bild der Zeiten und ein Füllhorn mitreißender Lyrik obendrein.