Eben noch für die knappen Textbeiträge im beeindruckenden Bildband The Decade That Rocked von Fotograf Mark Weiss zuständig, legt der amerikanische Journalist Richard Bienstock nun sein eigenes Werk zum gleichen Thema vor. Gemeinsam mit seinem Kollegen Tom Beaujour lässt er in Nöthin‘ But A Good Time die schillernde Ära jener exzessiven Hardrock-Bands auferstehen, die später unter dem (Schimpf-)Namen Hair Metal zusammengefasst werden sollten. Die Geschichte von Aufstieg und Fall eines ganzen Genres schildern dabei ausschließlich Protagonisten, die hautnah dabei waren.
Mehr als 200 Interviews haben die erfahrenen Rockjournalisten, deren Artikel in Magazinen wie Guitar World, Revolver oder Billboard ebenso publiziert wurden wie in der renommierten New York Times, eigens für dieses Buchprojekt geführt. Dabei haben sie nicht nur mit Heerscharen von Musikern über Sex, Drogen und Rock'n'Roll gesprochen, sondern auch akribisch hinter die Kulissen geblickt: Manager und Plattenfirmenleute kommen ebenso zu Wort wie Clubbesitzer, Konzertveranstalter und Produzenten. Die australische Designerin Fleur Thiemeyer, die maßgeblich zum Look dieses Jahrzehnts beigetragen hat, erzählt etwa von der Arbeit mit Mötley Crüe, die gemeinsam mit ihr die Entwürfe der Shout At The Devil-Kostüme gezeichnet haben, während Regisseurin Penelope Spheeris mit einigen Protagonisten auf die Dreharbeiten zu The Decline Of Western Civilization Part II: The Metal Years zurückblickt.
Größen wie Ozzy Osbourne, Gene Simmons oder David Lee Roth kommen genauso zu Wort wie längst von der Bildfläche verschwundene Musiker wie Poisons Originalgitarrist Matt Smith oder White Lion-Ikone Vito Bratta, der sich seit der letzten Show der Band im Jahr 1991 nur äußerst selten in die Öffentlichkeit traut, Beaujour aber ein dreistündiges Interview gewährt hat. Aus all diesen Gesprächen haben die Autoren die wichtigsten Aussagen herausgepickt und lassen beim Leser dank der aufeinanderfolgenden Zitate das Gefühl aufkommen, gemeinsam mit all diesen Menschen bei gekühlten Getränken an einem überdimensionalen Tisch im Rainbow zu sitzen und beim Smalltalk ihren Anekdoten und Erinnerungen zu lauschen.
Gerade weil Bienstock und Beaujour in den Achtzigern aufgewachsen und echte Fans dieser Musikrichtung sind, konnten sie ihren einstigen Posterhelden neben etlichen bereits bekannten Details auch viele nie gehörte Geschichten und Zusammenhänge entlocken, die ein authentisches Bild der Dekade zeichnen. Dabeigewesene und Nachzügler werden hier nicht mit nackten Fakten erschlagen, sondern schlicht hervorragend unterhalten!