The Afghan Whigs

How Do You Burn?

BMG
VÖ: 2022

Der Zauber des Halbdunkel

Seit den späten Achtzigern malen die Afghan Whigs im Halbdunkel mit Elementen aus Rock, Soul und Alternative die Soundkulisse für Greg Dullis Text-Geschichten, die voller Zerrissenheit und ergreifender Schönheit stecken. How Do You Burn? ist ihr neuntes Album, auf dem es Neuerungen und Rückgriffe zu entdecken gibt. ›I’ll Make You See God‹ etwa ist ein ungewohnt rauer und vor allem lauter Song, den die Amerikaner bereits im Frühjahr als Single vorausschickten — an deren Veröffentlichungstag ausgerechnet ihr guter Freund und Kollaborateur Mark Lanegan verstarb. Ganz anders dann die zweite Auskopplung ›The Getaway‹ mit ihren verspielten psychedelischen Beatles-Anlehnungen. Vertrauter klingt ›Catch A Colt‹, das mit Piano, Gitarre und galoppierenden Drums (Patrick Keeler) unheilvoll Spannung aufbaut, über die sich ein dicht gewebtes Netz aus Streichersounds und der Chorstimme von Susan Marshall wirft, die zuletzt erheblich zum Charakter des sehr eingängigen Albums 1965 (1998) beitrug. ›Please, Baby, Please‹ ist eins ihrer schönsten Stücke überhaupt, das mit seinem sanften Soul-Drum-Beat, perlendem E-Piano, einer wimmernden Orgel und warmen Gitarren von Neuzugang Christopher Thorn (Blind Melon) gefangen nimmt, die Dullis beinahe verzweifelten Gesangsvortrag umschmeicheln. Sonnig wie selten strahlt dagegen ›A Line Of Shots‹, das mit unzähligen Sound- und Instrumentenebenen von Streichern, Klavier, Gitarren und Gesängen exemplarisch ist für die ganz eigene Klangkunst dieser Band, die mit Emotionen spielt wie nur wenige. Ob jubilierend oder verpackt in eine mystische Film-Noir-Ästhetik wie in ›Jyja‹: Bei gedämpftem Licht entfaltet die Magie der Afghan Whigs ihre ganze Wucht.

(9/10)
TEXT: AGI RASCHKA

ROCKS PRÄSENTIERT

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Cover von ROCKS Nr. 106 (03/2025).