Crazy Lixx

New Religion

Frontiers
VÖ: 2010

Wundertüte voller Aha-Momente

An der Seite von Crashdïets fabulösem Rest In Sleaze und dem selbstbetitelten Comeback von Hardcore Superstar sorgten Crazy Lixx mit ihrem Debüt von 2007 für die bis heute größte Attraktion der neuen schwedischen Sleaze- und Glam-Szene. In der Zwischenzeit hat sich Gitarrist Vic Zino zu Hardcore Superstar abgesetzt und wurde durch Andy Dawson ersetzt, ansonsten hat am Nachfolger von Loud Minority das gleiche Team gearbeitet, Produzent und Förderer Chris Laney eingeschlossen. Den Wechsel an der Sechssaitigen hat die unsterblich in laute Chöre und dicke Hooklines verschossene Gruppe ziemlich gut verkraftet: Dawson hat einen erheblich filigraneren Ansatz als sein Vorgänger, und erst mit ihm dürfte ein Studio-Abenteuer möglich geworden sein, wie es nun auf New Religion zu hören ist.

Es scheint, als wären jede Idee und jedes Liedelement einzeln auf dem Seziertisch gelandet, mit Vorbildern verglichen und dann so lange bearbeitet worden, bis der höchstmöglich vertretbare Grad an Deckungsgleichheit erreicht wurde. Nahezu alles klingt nach einer sommerlichen, jugendlichen Interpretation von besten Danger Danger (Skrew It!, Cockroach), Def Leppard und ungeschminkten Kiss im frechen Sleaze-Pelz.

Hier wird selbst die musikalische Spurensuche zur Party: In ›Rock And A Hard Place‹ funken mächtig riffende Ratt-Gitarren dazwischen. Der Knüller ›My Medicine‹ beginnt wie ›Unskinny Bop‹ von Poison, nimmt dann ›Everybody Wants Some‹ (Danger Danger) in sich auf, bekommt eine leichte Leppard-Legierung (›Pour Some Sugar On Me‹) und schraubt sich schließlich mit einem für dieses Album symptomatischen Gitarrensolo in den Himmel: hochmelodisch, spannend und im positiven Sinne durchgestylt wie auf den ersten beiden Scheiben von Warrant.

Auch wenn hier und dort die Fassade etwas solider als ihr Songunterbau erscheint und die Schlagzeug-Becken arg scheppern, ändert das nichts an der Wirkung dieser Wundertüte voller Aha-Momente: Sie macht verdammt gute Laune.

(7.5/10)
TEXT: DANIEL BÖHM

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