Die lange angestrebte musikalische Qualität und Bandbreite konnte Bandoberhaupt Daniel Olaisen mit dem dritten Album endlich umsetzen. Und das mit Liedern, die überraschend leichtgängig und kompakt tönen. Viel dazu beigetragen haben zündende Achtziger-Riffs und der neue Sänger Jørgen Bergersen, der Jan Le Brandt abgelöst hat. »Ich mag Jans Stimme auf unseren ersten beiden Alben Wintersleep und Big City Life sehr, bekam aber zunehmend Probleme, ihm meine Ideen zu vermitteln. Jørgen singt variabler und mit mehr Punch. Ich habe das Gefühl, dass mit ihm noch vieles möglich sein wird.«
Das zeigt sich bereits auf Testify X. Big City unternehmen den vielzitierten musikalischen Quantensprung vor allem im ausladenden Achtminüter ›How Dark Does It Get‹. Und auch schnelle und eher unkompliziert anmutende Nummern wie ›Heart’s Like A Lion‹ oder ›Graveyard Love‹ klingen trotz ihrer metallischen Grundhärte anspruchsvoll und durchdacht. Die hin und wieder gezogenen Vergleiche zu Queensrÿche mag der 43-Jährige aus Kristiansand aber nur bedingt nachvollziehen.
»Es sind wohl die atmosphärischen Intros, die etwas an Operation: Mindcrime erinnern. Das ist halt ein Stilmittel, nach dem ich ziemlich verrückt bin. Wenn man sich intensiver mit der Scheibe beschäftigt, wird man feststellen, dass sie als Ganzes kaum mit der einer anderen Band vergleichbar ist. Wenn überhaupt habe ich mich von Bands wie Pagan’s Mind und unseren Landsleuten Conception inspirieren lassen. Ihre Kompositionen sind abwechslungsreich und voller interessanter Wendungen.«
Die Namen der involvierten Musiker allerdings wecken Assoziationen, die eine gänzlich andere Musik von Big City erwarten lassen. Frank Nordeng Røe etwa spielt als Session-Trommler für Prog-affine Bands wie Leprous und Circus Maximus, Gitarrist Frank Ørland gemeinsam mit Olaisen bei den Progressive-Thrashern Scariot. Das Bandoberhaupt selbst weist in seiner Vita zudem Engagements bei den Black-Metallern Satyricon und Blood Red Throne auf.
»Ich liebe eben alle Arten von Musik, auch sehr extremen Metal. Aber der sogenannte Poser Rock war, neben Heavy Rock mit progressiver Schlagseite, meine erste große Liebe. Irgendwann hatte ich so viele Riffs und Ideen angesammelt, dass ich einfach etwas in dieser Art machen musste, aber es war nicht einfach, dafür geeignete Mitstreiter zu finden. Als ich erst einmal Frank für meine Ideen begeistert hatte, fand sich auch der Rest der Mannschaft schnell. Unser Ziel war es, keine Rückschlüsse auf unsere anderen, extremeren, Bands zuzulassen. Das haben wir mit Testify X formidabel hinbekommen.«