George Thorogood

Boogie People (1991)

Mit Boogie People drehte der Boogie-Meister aus Delaware wieder richtig auf: Ein räudigeres, natürlicheres und härteres Album von George Thorogood gibt es nicht.

TEXT: DANIEL BÖHM

Fragt man George Thorogood nach den Alben, die sein Leben am meisten verändert haben, sind zwei Stück garantiert immer Teil in seiner Antwort: Bo Diddley’s 16 All-Time Greatest Hits und Chuck Berry’s Golden Decade. Diese beiden Chess-Platten hätten ihn als jungen Burschen wach gerüttelt — mit Musik, die auch er unbedingt spielen musste.

Letztlich hat Thorogood eine Lebensaufgabe daraus gemacht, der er seit über vierzig Jahren mit geradezu manischer Energie nachgeht. Und zumindest meistens mit großer Leidenschaft. Besonders stark ausgeprägt war beides in den frühen Jahren seiner Karriere: Die erste Platte der Destroyers (George Thorogood And The Destroyers) entstand 1977 in schlichtester Dreierbesetzung und baute wie keine spätere mehr am echten, knorrigen Blues: ›One Bourbon, One Scotch, One Beer‹ wurde in Thorogoods Interpretation zum Hit, der einen noch älteren Klassiker von John Lee Hooker gleich mitkonservierte: ›Boogie Chillin’‹.



All das ist lange her udn seine Band eine andere, als 1991 Boogie People erscheint, auf dem Thorogood erfreulich räudig und dreckig zu Werke geht. Was in den Achtzigern so nicht immer der Fall war. Zweit-Gitarrist Steve Chrismar feierte seinen Einstand bereits auf dem 1988er Vorgänger Born To Be Bad, der alleine wegen ›Smokestack Lightning‹ hörenswert ist — Howlin’ Wolfs Klassiker ist wie geschaffen für den Boogie-Meister aus Delaware.

Mit Chrismar drehen die Destroyers nun richtig auf. ›If You Don’t Start Drinkin’ (I’m Gonna Leave)‹ gerät in Amerika zum Affront. Die Anstandswahrer finden den vom Chef verfassten Pracht-Boogie wegen des angeblich den Alkohol glorifizierenden Textes gar nicht witzig. Das übrige Musikgut eint Bluesrock-Puristen und Party-Rocker wie seit dem Debüt nicht mehr.



Im energisch dargebotenen ›No Place To Go‹ sticht abermals die Bearbeitung eines Wolf-Originals heraus, aber auch zwei weitere Spielchen mit den Vätern berauschen: Der schlichte ›Mad Man Blues‹ (John Lee Hooker) flirrt, stampft und groovt unwiderstehlich, und Thorogood nötigt einem allen Respekt ab — als Gitarrist wie auch als Sänger. Das rein akustische ›I Can’t Be Satisfied‹ (Muddy Waters) punktet mit Charme.

Und wenn Thorogood das durch Country-Star Dave Dudley bekanntgewordene ›Six Days On The Road‹ zum verwegenen Boogie-Rocker umkrempelt, steht allerspätestens beim Slide-Solo auch der allerletzte Spießgeselle johlend und mit frischbesaiteter Luftgitarre auf der Bierbank.


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