Harry Shapiro

Gary Moore — Die offizielle Biografie

Hannibal
VÖ: 2022

Jenseits der Mythen und Legenden

Wer sich das 2017 erschienene Box-Set Blues And Beyond von Gary Moore in die Sammlung gestellt hat, wird sich speziell an der von Harry Shapiro verfassten Buchbeigabe gefreut haben, die sich rühmte, die offizielle Biografie dieses großen, durchaus auch streitbaren Gitarristen aus Belfast zu sein. Dass der Schmöker mit seinen stattlichen, immerhin fast 350 Seiten nicht auch separat erhältlich gemacht wurde, hat durchaus etwas verwundert, denn vergleichbare Publikationen hat es in dieser Inhaltstiefe nicht gegeben.

Fünf Jahre hat es gedauert, bis eine inhaltlich erheblich erweiterte Bearbeitung des damaligen Manuskripts als eigenständiges Hardcover-Buch in den Handel kommt, für das längst nicht nur der zunächst noch sehr pragmatische und mit zahllosen Absätzen versehene Schriftsatz optimiert und Gary Moore – Die offizielle Biografie zu einem richtigen Lesebuch wurde.

Wenn auch zu einem, in dem es praktisch auf jeder Seite vor Namensnennungen nur so strotzt — und die Verwendung desselben Anführungszeichens für wörtliche Rede, Songtitel und Betonungen die Übersichtlichkeit und den Lesefluss erheblich stört.

Shapiro hat sich für seine Biografie vor allem auf die Suche nach dem Gary Moore gemacht, der nicht den Mythen und Legenden entspricht, die bis heute das Bild des arroganten Exzentrikers bestimmen. Diesem konnte der charakterstarke Künstler zwar sehr wohl entsprechen — dass er aber durchaus auch andere Wesensseiten hatte, die seine Entscheidungen beeinflussten, wissen die meisten, die direkt mit ihm zu tun hatten oder immer wieder mit Moore sprachen.

Der Autor selbst macht keinen Hehl daraus, dies nur ein einziges Mal per Telefon getan zu haben. Genügend interessante Interviewpartner, die auf unterschiedliche Weise mit Moores Karriereweg verbunden waren und entsprechend zu kommentieren in der Lage sind und von der Entstehung der Musik berichten, hat er dennoch gefunden.

Gerade diese O-Töne machen dieses die gesamte Musikerlaufbahn von Gary Moore rekapitulierende Buch lesenswert, zumal auch der kurze Karriereabschnitt bei Jet Records Anfang der achtziger Jahre mit den unterschätzten Alben G-Force und dem famosen Dirty Fingers auf einigen Seiten gewürdigt wird.

Keine Wertung
TEXT: DANIEL BÖHM

ROCKS PRÄSENTIERT

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Cover von ROCKS Nr. 102 (05/2024).