Ihre Herkunft leugnen konnten die Lazys auf Tropical Hazards ganz sicher nicht. Zwar war es ihnen auf ihrem zweiten regulären Album gelungen, ihren sleazigen Vollgas-Hardrock um vergleichsweise moderne Melodiefarben effektiv zu erweitern, die denen von Bands wie Billy Talent nicht unähnlich sind. Die Lehren von AC/DC und Airbourne jedoch waren und sind seit jeher das Zentrum des sympathischen Quintetts, das nach einer langen Zwangsauszeit wieder live zu erleben ist.
Leon Harrison sprüht vor Vorfreude: Mit leuchtenden Augen spricht der Sänger von der just angelaufenen Deutschland-Tournee, deren erstes Konzert am Abend in Düsseldorf stattfindet. Der Ticketverkauf sei auf einem ähnlichen Niveau wie bei ihren letzten Gastspielen vor fünf Jahren, freut er sich; in Großbritannien, das die australischen Hardrocker direkt vorher bereisten, spielten sie gar in Clubs mit doppeltem Fassungsvermögen.
Je länger das Gespräch mit dem charismatischen Frontmann andauert, desto mehr ist zu spüren, dass sich ein guter Teil dieser Freude aus Erleichterung speist: darüber etwa, dass die Aufmerksamkeitsspanne vieler Musikfans doch länger ist als ein Albumzyklus. Und dass das 2006 gegründete Quintett überhaupt noch existiert. Denn während der Pandemie-Jahre sah es keinesfalls immer danach aus.
»2019 hatten wir das Momentum und konnten endlich den Fortschritt sehen, den wir uns nicht zuletzt auch durch unseren Umzug nach Kanada kurz zuvor erhofft hatten. Aber wie bei so vielen anderen haben die Veränderungen in der Pandemie das komplett ausgebremst. Unsere Booking-Agentur hat sich zum Beispiel von uns getrennt, weil sie sich auf größere Acts fokussieren musste, um die Verluste minimal zu halten.«
»In dieser Zeit waren wir gezwungen, uns darüber klar zu werden, wie es weitergehen sollte; einige von uns sind sogar nach Australien zurückgezogen. Es war eine sehr frustrierende Zeit, in der wir uns vom Schicksal betrogen gefühlt haben. Letztendlich wollten wir nicht aufgeben, woran wir unser halbes Leben gearbeitet haben. Also haben wir uns gegenseitig in den Hintern getreten und hoffen jetzt auf eine zweite Chance. Wenn das funktioniert, wird es in einigen Jahren eine tolle Geschichte sein.«
Den Neustart markierte die Single ›Rattle Them Bones‹, die im Oktober 2023 erschien, im vergangenen August folgte ›Ripper Of A Night‹. Darin zeigt sich die neue Strategie der mittlerweile auf zwei Kontinenten lebenden Band: Neben regelmäßigen Touren wollen sich die Lazys vorerst auf die Veröffentlichung einzelner Songs konzentrieren, anstatt Alben zu produzieren — aus Qualitätssicherungsgründen, wie Harrison betont.
»Wir möchten die Produktionsqualität von Tropical Hazards halten, und die kostet leider viel Geld, das wir mit Plattenverkäufen nur sehr schwer wieder einspielen können. Die Algorithmen der Streamingdienste bevorzugen außerdem Neuveröffentlichungen, Singles sorgen dort also regelmäßiger für Aufmerksamkeit. Wir fokussieren uns auf das, was uns weiterbringt. Das heißt aber nicht, dass es nie mehr ein Album von uns geben wird. Dazu wird es aber erst kommen, wenn wir es uns leisten können oder von einer Plattenfirma unterstützt werden.«
Dieser Text stammt aus ►ROCKS Nr. 103 (06/2024).