Das Schicksal hat es zuletzt nicht immer nur gut gemeint mit Ozzy Osbourne. Der wachsende Umfang seiner Krankenakte (mehr dazu in unserem Interview) hat Tourneeverschiebungen und riskante operative Eingriffe erforderlich gemacht, die nicht spurlos an dem 73-jährigen Madman vorbeigegangen sind. Unerwartet früh erscheint daher dieses neue Album — und er selbst wie auch seine Gattin Sharon betonen demütig ihre Dankbarkeit dafür, dass Osbourne in den zwei Jahren, die Patient Number 9 von seinem Vorgänger trennen, weder seinen Schaffensdrang noch seine Freude an Musik überhaupt verloren hat.
Zur Seite stand ihm abermals Gitarrist und Produzent Andrew Watt, dessen unkomplizierter Umgang Ozzy aus der gesundheitlichen Krise half, in der er während der Entstehungsphase von Ordinary Man ganz frisch steckte. Dass diese anders klangen als der glorreiche Ozzy-Stoff bis No More Tears (1991), liegt in der Natur der Sache: Die Zeit, aus der sie stammen, ist eine andere. Selbst die Riffs, die Gitarrist Zakk Wylde heutzutage in seinen eigenen Bandprojekten fabriziert, klingen völlig anders als seinerzeit ›Miracle Man‹ oder ›S.I.N.‹ — und die Beiträge, die Wylde nun zu Patient Number 9 beifeuert, tun es in ihrer grundsätzlichen Black Sabbath-Nähe auch.
Dabei ist es ausgerechnet der erste seiner drei Gastauftritte, der sich durch den seltsam-käsigen Refrain als Schwachpunkt dieses an sich ausgesprochen gelungenen und melodisch packenden Albums herausstellt. Die anderen werden im hochmelodischen ›Nothing Feels Right‹ (tatsächlich näher an No More Tears und Ozzmosis als an Sabbath und zudem mit Mega-Solo bestückt) und ›Evil Shuffle‹ dann ein voller Erfolg. Auch wenn die Rumpfband mit Musikern wie Andrew Watts, Duff McKagan (Guns N’ Roses) und Chad Smith (Red Hot Chili Peppers) zum Teil dieselbe und die grundsätzliche Marschroute der Lieder eine ähnliche ist wie auf Ordinary Man, unterscheiden sich die beiden Alben im Hinblick auf die Song-, Detail- und Produktionstiefe deutlich.
Was auch an den Gästen liegt, die sich neben Zakk Wylde auf Patient Number 9 effektiv einbringen. Bassist Robert Trujillo (Metallica) und Mike McCreedy (der Gitarrist von Pearl Jam garniert in ›Immortal‹ ein erstes schwungvolles Highlight) sind zwei von ihnen, Jeff Beck und Eric Clapton aber ganz andere Kaliber: ›One Of Those Days‹ ziert Slowhands wohl schönstes Wah-Wah-Endlossolo seit ›White Room‹ von Cream. Absolut herausragend ist ›No Escape From Now‹ mit Tony Iommi, das gar nicht anders kann, als brutalst nach Black Sabbath zu klingen und deren finales 13 in seinem tollen Elan erheblich aufgewertet hätte.
Was auch auf ›Degradation Rules‹ zutrifft, in dem Ozzy fesch die Bluesharp bläst. Hervorgehoben werden muss auch ›Dead And Gone‹, dessen Strophen mit dem pumpenden Bass und den herrlich-schwebenden, Chorus-verzierten Gitarren glatt ein wenig an Queensrÿche gemahnen und einen weiteren kleinen Beitrag dazu leisten, dass es seit Ozzmosis kein stärkeres Album von Ozzy Osbourne gab.