Journey

Kreative Differenzen

Bei der amerikanischen AOR-Legende hängt momentan gewaltig der Haussegen schief – personelle Konsequenzen scheinen nicht ausgeschlossen.

TEXT: ALEXANDER KOLBE |FOTO: Frontiers

Vor allem zwischen Gitarrist Neal Schon und Keyboarder Jonathan Cain, den wichtigsten Kreativkräften der Formation, kriselt es offenbar mächtig. Ein Zustand, der nicht ganz neu ist: Bereits nach Erscheinen der letzten Journey-Platte Eclipse (2011) machte Cain seinem Ärger über die sehr rockige, gitarrenorientierte Ausrichtung des Albums Luft, die nicht allen Fans zusagte und für die in der Hauptsache Schon verantwortlich war. Außerdem äußerte er starke Zweifel, ob es Sinn mache, ein weiteres Journey-Album aufzunehmen.

Seitdem scheint der Graben zwischen ihnen trotz der kürzlichen Aufnahme in die Rock And Roll Hall Of Fame noch tiefer geworden zu sein: Schon hat seinen Twitter-Namen kürzlich in Neal Schon’s JRNY geändert – und hat dort sowie auf Instagram kräftig gegen die Kollegen ausgeteilt.

»Wenn Leute unglücklich sind, weil sie nicht meine Band führen können, dann können sie gerne gehen«, motzt Schon. »Ich bin an einem Punkt angekommen, wo ich einfach genug habe.

Ihnen ist alles scheißegal, also denke ich ab jetzt genauso. Fakt ist: Ich werde immer Journey sein, weil die Gruppe von Anfang an mein Baby war«, stellt er klar. »Ich wachse immer weiter und will meine Kreativität ausleben. Deshalb will ich die Band Neal Schon’s Journey auf einen aufregenden neuen Trip mitnehmen. Ja, wir werden immer unsere Hits spielen, aber es muss auch musikalisches Wachstum geben.«

Auch dass Cain mit Paula White, einer früheren TV-Predigerin, verheiratet ist, die als spirituelle Beraterin von US-Präsident Donald Trump arbeitet, und zuletzt das Soloalbum What God Wants To Hear mit christlichen Botschaften veröffentlichte, schmeckt Schon überhaupt nicht. 

»Ich halte nichts davon, Religion und Politik zu vermischen. Unsere Musik umfasst nicht nur eine Religion und hat auch nichts mit Demokraten oder Republikanern zu tun. Das war und ist ein Problem, dass ich, Mr. Cain und seine jetzige Frau miteinander haben, seit er mit ihr verheiratet ist.

Ich muss seit Längerem dafür kämpfen, die Marke zu schützen, die ich einst mit Steve Perry aufgebaut habe. Ross ist mir dabei keine Hilfe«, schießt Schon auch gegen Bassist Ross Valory.

Nach ihrer bis Ende Juli laufenden US-Tournee mit Asia will der frustrierte Schon gleich zwei musikalische Projekte verfolgen: Neben einem beinahe fertigen Soloalbum mit dem Titel Universe, an dem Schlagzeuger und Sänger Narada Michael Walden (Mahavishnu Orchestra, Jeff Beck) mitwirkt, möchte er ein Bluesrock-Projekt mit seinem früheren Bad English-Sänger John Waite ins Leben rufen.

»Wer am Bass und am Schlagzeug spielen könnte, steht noch nicht fest. Aber ich denke, Deen Castronovo würde gut passen«, so Schon über den langjährigen Journey-Drummer, der 2015 nach einer Verhaftung wegen häuslicher Gewalt und Drogenkonsums seinen Hocker räumen musste. Als Produzent soll Kevin Shirley involviert sein.

Zur Zukunft von Journey sagt er: »Wir sind noch zwei Monate auf Tour, danach werden wir Zeit haben, um getrennt voneinander die Dinge zu überdenken. Ich bin mit Journey auf jeden Fall noch nicht fertig. Ich spüre viel Kreativität in mir drin. Dabei werde ich meinem Herzen folgen.«

 

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