Seit dem Wiedereinstieg von Rob Halford 2003 brachte die britische Metal-Legende gerade mal zwei Platten zustande. Überzeugt haben sie beide nicht: Weder das hüftsteife Angel Of Retribution (2005) noch das in jeglicher Hinsicht überdimensionierte Konzept-Opus Nostradamus (2008) konnten begründen, weshalb Judas Priest neben Iron Maiden und Black Sabbath als die einflussreichste und stilprägendste Heavy-Metal-Formation überhaupt gelten.
Live sah dies schon wieder ganz anders aus — Neu-Gitarrist Richie Faulkner, der als 1980 geborener Jungspund den 2011 ausgestiegenen K.K. Downing ersetzt, hat Priest auf ihrer Epitaph-Tour einen gehörigen Energie-Schub verpasst. Ob sich dieser auch ins Studio hinüberretten lassen und auf dieser Basis doch nochmal eine ansprechende Priest-Platte entstehen könnte? Erfreulicherweise ja — wenngleich mit ein paar Abstrichen. Für wenig Begeisterung sorgt beispielsweise der gewöhnungsbedürftige, weil klinische Gitarrensound.
Zudem wird auf Redeemer Of Souls noch stärker als auf den Vorgängern klar, dass auch ein „Metal God“ wie Rob Halford die Zeit nicht anhalten kann. Seine einst markerschütternden Kopfstimmenschreie wirken inzwischen selbst unter Mithilfe kaschierender Studiotechnik gequält: Das latent an die Painkiller-Phase gemahnende ›Halls Of Valhalla‹ oder das fesch mit einem an Robin Trower erinnernden Blues-Riff startende ›Crossfire‹ führen dies deutlich vor Augen. Allerdings ist das dem 62-Jährigen auch bewusst — er singt wohlweislich zurückhaltender.
Entscheidend sind aber vor allem die Songs, und in dieser Disziplin schlagen sich die Briten achtbar. Experimente bleiben außen vor, die Mehrzahl der 13 Lieder bewegt sich in einem ungefähren Spannungsfeld aus Defenders Of The Faith, Painkiller und Ram It Down. Griffige Hymnen kann die Gruppe wieder: ›Down In Flames‹, ›Cold Blooded‹ oder ›March Of The Damned‹ (mit schweren Stampfern im Geiste von ›Metal Gods‹) funktionieren wesentlich besser als zuletzt ›Worth Fighting For‹ oder ›Visions‹. Und das abschließende ›Beginning Of The End‹ ist tatsächlich die beste Priest-Ballade seit ›Night Comes Down‹.