Vince Neil

Tattoos And Tequila

Frontiers
VÖ: 2010

Ein guter Tag zum Trinken

Ein begeisterter Songschreiber ist Vince Neil nie gewesen. Sein kreativer Beitrag auf den Studiowerken von Mötley Crüe hielt sich stets in Grenzen, und die letzte Solo-LP Carved In Stone datiert auf das Jahr 1995. Daher ist es keine Riesenüberraschung, dass der schöpferische Aufwand bei Tattoos And Tequila überschaubar bleibt. Zehn der zwölf Nummern entpuppen sich als Coverversionen.

Die gute Nachricht: Die meisten davon sind knackig interpretiert und im Falle von ›Who’ll Stop The Rain‹ (CCR), ›The Bitch Is Back‹ (Elton John) oder ›Long Cool Woman‹ (The Hollies) auch noch originell gewählt. Schon eher erwarten durfte man Bands wie Aerosmith (›Nobody’s Fault‹), Cheap Trick (›He’s A Whore‹) oder die Sex Pistols (›No Feelings‹), deren Klassiker ›Anarchy In The UK‹ bereits 1991 von der Crüe eingespielt wurde. ›Viva Las Vegas‹, die Elvis-Ode an Neils heutigen Wohnort, haben Anfang der Neunziger ZZ Top cooler hinbekommen, die wiederum hier mit ›Beer Drinkers And Hell Raisers‹ vertreten sind. Richtig misslungen ist lediglich die Scorpions-Dampframme ›Another Piece Of Meat‹, bei der Neil stimmlich an sein Limit stößt.

Dennoch sorgt Tattoos And Tequila bei aller Sommertauglichkeit auch für ein paar Regenwolken am Himmel. Weil es in Gestalt des kernigen Titelsongs und der Ballade ›Another Bad Day‹ nur zwei neue Lieder enthält. Weil leider beide völlig überzeugen. Und weil sie zu allem Überfluss weniger steril produziert sind als die letzte Mötley-Schandtat Saints Of Los Angeles. Ebenfalls schade: das Fehlen von ›Promise Me‹, Neils nie offiziell veröffentlichter Kollaboration mit Desmond Child von 2004.

Tattoos And Tequila hätte zweifelsohne das Zeug zu einem würdigen Nachfolger seines exquisiten Debüts Exposed gehabt — was Carved In Stone trotz einiger passabler Stücke zu selten war. Wären es doch nur ausschließlich neue Songs…

(7/10)

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