Wenige Tage nach dem Tod von Gregg Allman im späten Mai 2017 ließ Manager Bert Holman durchblicken, dass in absehbarer Zeit mit weiteren Archiv-Veröffentlichungen der Allman Brothers Band zu rechnen sei, die besonders herausragende Konzerte dieses unerreichten Jam-Kollektivs und ihrer unterschiedlichen Inkarnationen dokumentieren, das mit unbeschreiblicher Spiel- und Improvisationsleidenschaft zwischen Heavy-Blues, Southern-Soul, Jazz- und etwas Countryrock changierte. Die Umsetzung von Fillmore West ’71 als Startschuss dieser Serie hat nun doch mehr Zeit beansprucht als gedacht — ein halbes Jahr nach dem 50-jährigen Jubiläum der Bandgründung liegt das vier CDs umfassende Set nun endlich vor. Nachzuerleben sind darauf drei komplette Konzerte, die am letzten Januarwochenende des Jahres 1971 in San Francisco stattfanden, wo die originale Allman Brothers Band zwischen Hot Tuna und der 24-köpfigen Trinidad Tripoli Steel Band auf die Bühne ging. Sechs Wochen später entstand an der Ostküste das folgenschwere At Fillmore East, mit dem das Ensemble Musikgeschichte schrieb.
Fillmore West ’71 mag als nach Kräften restaurierte Soundboard-Aufnahme nicht wirklich mit der Transparenz des von Produzent Tom Dowd umgesetzten Live-Monuments aus New York mithalten. Der sehr unmittelbare und trockene Band-Klang aber macht die gebotenen Interpretationen des frühen Klassiker-Sets der Allmans (die Stücke von At Fillmore East plus Versionen von ›Dreams‹, ›Midnight Rider‹, ›Trouble No More‹ und dem von Bassist Berry Oakley in schönster Johnny Winter-Manier gesungenen ›Hoochie Coochie Man‹) zu einem absorbierenden Genusswerk. Alleine die Fassungen von ›In Memory Of Elizabeth Reed‹, ›Dreams‹, ›Whippin’ Post‹ und ›You Don’t Love Me‹ sind für Allman-Jünger essenziell. Letztere Nummer hat durch die kargen, nackten Gitarren im Solo-Abschluss des 31. Januar Einiges von den alten Fleetwood Mac mit Peter Green zur Zeit ihrer Boston-Jams: Hier sind lediglich die Drums und die Saiten-Duelle von Allman und Dickey Betts zu hören. Auf der vierten CD ist zudem der 45-minütige ›Mountain Jam‹ vom 13. März 1970 in Los Angeles dokumentiert. Leider viel zu dünne Papphülle zum Aufklappen.