Nach dem Tod ihres Gründungsmitglieds Roye Albrighton im Jahr 2016 wurden die 1969 geborenen Nektar fortgeführt von Musikern, die ab 2007 sukzessive zu dem ehrwürdigen Progressive- und Psychedelic-Rock-Ensemble stießen: Seither haben Klaus Henatsch, Alexander Hoffmeister, Norbert Lehmann und Heike Nolden die Namensvormacht für sich beansprucht.
Drei weitere Mitglieder der alten Gründungsinkarnation wollen dies offenbar nicht einfach hinnehmen: Bassist Derek Moore, Schlagzeuger Ron Howden sowie der bei den alten Nektar für die Licht- und Bühnenprojektionen zuständige Mick Brockett haben nun zusammen mit Ryche Chlanda (Gitarre und Gesang), Bassist Randy Dembo und Keyboarder Kendall Scott überwiegend weit in der Zeit zurückreichende Archiv- und Fragmentfundstücke ihrer Formation bearbeitet und mit neuem Material zu einer weitgehend überzeugenden Einheit gepaart. Vieles auf The Other Side hätte auch ihrer legendären Siebziger-Formation alle Ehre gemacht.
›I’m On Fire‹, ›Drifting‹ und der Titelsong etwa haben alles, was man aus Nektars besten Zeiten kennt: Mit klassischen Orgelsounds, vorwärtsstürmender Rhythmik und perfekt arrangierten Melodien — aufgeteilt zwischen Gitarre und Keyboards — erinnern sie an die kraftvollen Großtaten auf A Tab In The Ocean. ›Skywriter‹ ist eine durchaus gelungene Ballade, allerdings etwas geschmäcklerisch zwischen Alan Parsons und Supertramp angelegt. ›Devil’s Door‹ kommt der Original-Band am nächsten: Der Song wurde bereits 1974 live aufgeführt, zudem hört man zu Beginn den verstorbenen Albrighton mit einem Gitarrenpart. Seine unverwechselbare Stimme allerdings ist nicht zu ersetzen.