Formosa

Kernobst und Katzengold

Einst starteten Formosa als bodenständige Riff-Rocker, in deren Sound Glam und Metal funkelten. Mittlerweile vereinen die Essener ein ganzes Kaleidoskop an Einflüssen: Pyrite ist der vorläufige Höhepunkt ihrer Metamorphose.

TEXT: MAXIMILIAN BLOM |FOTO: Angelina Dammert

Die Geschichte der Band beginnt nicht in der früheren Stahlmetropole, sondern am Bodensee. In der Nähe von Konstanz wachsen Sänger Nik Bird, Gitarrist Nik Beer und Schlagzeuger Paris Jay auf. Erst vor zehn Jahren entscheiden die drei, ins Ruhrgebiet zu ziehen. Dort gründen die Kindergartenfreunde ihr Power-Trio, das sie 2022 um einen Bassisten erweitern. Ihrer schwäbisch-alemannischen Heimat zollen sie seit dem vierten Album Bittersweet (2023) im Bandlogo Tribut: Dieses verbindet einen Apfel und einen Totenkopf.

»Es gab viele Apfelbauern in dem Kaff, in dem wir drei großgeworden sind«, erzählt Nik Bird. »In deren Feldern haben wir als Jugendliche gesessen und bei Schnaps und Zigaretten Metal gehört. Als wir für unsere letzte Platte unseren Schriftzug überarbeitet haben, kam uns die Idee eines Logos wieder in den Sinn, mit dem wir schon länger gespielt haben.« »Der Totenkopf musste natürlich dazu: Erstens, weil es ja schon eine Firma mit Apfel-Logo gibt, und zweitens als Verneigung vor dem Heavy Metal!«, fügt Nik Beer mit einem Grinsen hinzu. Der Gitarrist ist im Hauptberuf Bierbrauer und nutzt seine Fachexpertise auch im Bandkontext: Für das bandeigene Formosa Bierfest kreiert er jedes Jahr eigene Sorten.



Doch nicht nur hinsichtlich der Artwork-Ästhetik und der Besetzung markierte das vorherige Album einen Wendepunkt: Die reduzierte Produktion der ersten Scheiben tauschten sie seinerzeit gegen einen entschieden fetteren, moderneren und nicht zuletzt detailreicheren Sound ein. »Bittersweet war die erste Platte, bei der wir mit der Produktion richtig zufrieden waren. Sie repräsentierte erstmals wirklich das Ergebnis unserer Entwicklung. Bei der neuen Scheibe sind wir sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Wir konnten ein halbes Jahr an der Platte feilen und haben wirklich produziert, statt nur aufzunehmen«, freut sich Bird.

Das von Eclipse-Frontmann Erik Mårtensson gemischte Pyrite sieht er ebenso wie sein Bandkollege als direkte Fortführung von Bittersweet: beide entstanden mit Produzent Marius Tilly; einige der Songs stammen gar noch aus den Sessions des Vorgängers.



Gleichwohl haben auch neue Geschmacksnoten Einzug gefunden in den ohnehin schon von diversen Inspirationsquellen beeinflussten Sound des Quartetts: Die düstere, an Horrorfilme angelehnte Atmosphäre bei ›Cannibal Lovers‹ und ›Hellfire‹ lässt etwa an Mercyful Fate denken — nicht zuletzt auch durch die hohe Singstimme von Nik Bird.

»Auch weil die anderen Stücke eher positiv sind, stechen die beiden schon ziemlich heraus. Ich finde die Songs geil, weil sie so theatralisch sind«, findet auch Gitarrist Beer. Lachend schiebt er nach: »Das war aber kein bewusster Plan — das klappt nämlich nie, wenn wir sowas versuchen. Wir hatten mal die Idee, eine Nummer wie ›Living After Midnight‹ zu schreiben. Sagen wir so: Es klang überhaupt nicht ähnlich!«


Dieser Text stammt aus ►ROCKS Nr. 104 (01/2025).

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