Judas Priest, The Beatles

»Das ist etwas sehr Kostbares, diese Ereignisse werden zu einem Teil deiner Persönlichkeit«

Als leidenschaftlicher Musiker fühlt sich Rob Halford recht unterschiedlichen Alben eng verbunden. Wichtig sind ihm solche, die  durch Raum und Zeit versetzen — wie Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band von den Beatles.

TEXT: DANIEL BÖHM |FOTO: Sony Music

»Musik hat eine ganz besonders schöne Eigenschaft: Sie kann nicht nur Gefühle transportieren, sie kann Emotionen sogar konservieren! Das werden selbst Leute kennen, die sich aus Musik an sich nicht so viel machen. Bestimmte Erlebnisse, Gefühle oder andere Sinneseindrücke verbinden wir oft mit bestimmten Liedern oder ganzen LPs, die man seinerzeit gehört hat.

Wer Musik ein bisschen leidenschaftlicher und nicht bloß als Hintergrundbeschallung in der Kneipe hört, wird das in den unterschiedlichen Lebensphasen sicher noch viel intensiver erlebt haben. Auch viele Jahre später funktionieren diese Platten als eine Art Zeitmaschine, die einen an diese Orte zurückversetzen und einen Teil des damaligen Lebensgefühls wieder heraufbeschwören. Das ist etwas sehr Kostbares, denn diese Ereignisse werden mit allen Konsequenzen zu einem wichtigen Teil deiner Persönlichkeit.



Als Musiker fühle ich mich mit ganz unterschiedlichen LPs eng verbunden. Ich habe das Glück gehabt, als junger Mensch viele große „Game Changer“ im Rock’n’Roll miterleben zu können. Jimi Hendrix zum Beispiel. Electric Ladyland hat 1968 so viel angestoßen und verändert. Sein Gitarrenspiel ist revolutionär gewesen. Mit ihm ist Musik aber auch auf einmal viel lauter und schriller geworden. Oder Led Zeppelin, die auf ihrem zweiten Album dem Heavy Metal den Weg gewiesen haben mit ihren Riffs, den gewaltigen Drums und diesem übernatürlichen Sänger Robert Plant, der geschrien und klagend gesungen hat wie niemand sonst.

Oder Alice Cooper: Man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen, wie aufregend und unheimlich er mit seiner Band in den frühen Siebzigern gewesen ist und gegen wie viele gesellschaftliche Tabus er damals angerannt ist. Er ist der Erfinder des Schockrock! Oder Queen: Als Judas Priest 1973 Rocka Rolla aufgenommen haben, waren auch Queen in den Trident Studios in London zugange. Wir haben einige ihrer frühen Demos gehört und schon die waren überwältigend. Queen waren Abenteurer, die mit ihren Millionen von übereinandergelegten Gesangs- und Gitarrenspuren genauso viele Konventionen und Gesetzmäßigkeiten gebrochen haben wie Alice Cooper mit seinem Bühnenprogramm. Einen besseren Frontmann als den wunderbaren Freddie Mercury hat es nie gegeben und mit seiner Stimme und seiner Performance hat er mein Leben für immer verändert.



Wenn wir uns aber über „das eine“ Album unterhalten, mit dem ich mich noch immer ganz besonders eng verbunden fühle, dann ist das wohl Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band. Als die Beatles in England richtig durchgestartet sind, war ich vielleicht 13 Jahre alt. Ich hatte gerade angefangen, mich für Musik zu interessieren, und die Beatles haben mir nicht nur großartige Musik gegeben, sondern eine ganze Traumwelt mit dazu. Sie waren mir immer sehr wichtig, Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band ganz besonders.

Wir nehmen diese Platte heute oft als Selbstverständlichkeit wahr, aber als sie 1967 rauskam, war das etwas geradezu Avantgardistisches. Sgt. Pepper’s ist in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein — und das nicht nur im Schaffen der Beatles. Die Lieder, die ungewöhnlichen Instrumentierungen und überhaupt diese sagenhafte Panorama-Produktion: George Martin hat mit so vielen Tonspuren hantiert, das gab es vorher nicht. Und auf einmal haben sich die Leute auch Gedanken darüber gemacht, wie man ein Album als Gesamtkunstwerk verpacken und der Öffentlichkeit präsentieren kann. Ein sensationelles Album, das bis heute überall nachwirkt.«


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