Motorpsycho

The Tower (2017)

In den über drei Dekaden ihres Bestehens sind Motorpsycho zu der wohl spannendsten psychedelischen Prog-, Jam-und Heavy-Rock-Formation unserer Zeit herangereift. Wie befreit spielen die Norweger in neuer Besetzung auf The Tower.

TEXT: DANIEL BÖHM

Der Ausstieg eines Musikers wie Kenneth Kapstad wäre für eine normale Band kaum zu verkraften gewesen. Glücklicherweise ist bei Motorpsycho nicht so wirklich viel normal. Der kreative Kern der 1989 in Trondheim gegründeten Combo besteht weiterhin aus Bent Sæther (Bass, Gesang) und Hans Magnus „Snah“ Ryan (Gitarre, Gesang).

Nicht zuletzt aber Kapstad ist es eben auch zuzuschreiben, dass die Musik der Norweger seit seinem Einstieg vor gut zehn Jahren im Unterbau immer wirbelnder und aufregender wurde: An der Metamorphose von Motorpsycho hin zu einer der genialsten psychedelischen Prog- und Heavy-Rock-Formationen unserer Zeit hat sein jazzig-swingendes, unfassbar antreibendes Drumming nicht unerhebliches Zutun.



Die Veränderung, die der nachgerückte Schwede Tomas Järmyr in die Gruppe brachte, ist schwer zu überhören und gleichzeitig weniger einschneidend als zu befürchten war. Klarer und disziplinierter wirkt sein Spiel, was die Bass- und Gitarrenfiguren in die Pflicht nimmt und The Tower so zu einem der härtesten, strukturiertesten Motorpsycho-Alben macht — ohne dass es an Musikalität, Jam-Inferni, an Yes und CSN&Y geschulten Satzgesängen und Akustikpassagen, hingebungsvollem Groove, stimmungsvollem Mellotronzauber und dicknebligem Psychedelic-Rausch mangeln würde.

Oder an fuzzigen Brat-Gitarren: ›A.S.F.E.‹ klingt beinahe, als würden Motorpsycho eine flotte Nummer der späteren Pothead aufs Parkett bringen. Hammer-Band, Hammer-Platte.


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