Yngwie Malmsteen

Fire & Ice (1992)

Sein Solodebüt bereitete 1984 der Ära der Hochgeschwindigkeitsgitarristen den Weg. Eines seiner wertvollsten Hardrock-Alben aber ist Fire & Ice, auf dem Yngwie Malmsteen einige seiner grolligsten und bissigsten Gitarrensounds zu Gehör brachte.

TEXT: DANIEL BÖHM

Selbst wenn Yngwie Malmsteen nicht der erste Saitenkünstler war, der tonale und strukturelle Elemente der klassischen Musik mit Hardrock und melodischem Heavy Metal fusionierte: Seine virtuose wie graziöse Intensivierung dessen, was Ritchie Blackmore und Uli Jon Roth in den Siebzigern begonnen hatten, machte den Schweden in den frühen Achtzigern zum bedeutendsten Gitarren-Phänomen nach Eddie Van Halen.



Yngwie Malmsteen’s Rising Force war 1984 zu weiten Teilen instrumental gehalten. Anders dann die fabelhaften Vokal-Alben Marching Out (1985 nun durchgehend eingesungen von Jeff Scott Soto), Trilogy (1986, Mark Boals) sowie Odyssey (1988, Joe Lynn Turner), die mit starken Songs zwischen neoklassisch eingefärbtem Hardrock und Heavy Metal die essenziellen Werke im Schaffen des egomanischen Schweden Yngve Johann Lannerbäck geblieben sind.

Bald kam dieser zu dem Schluss, dass gerade die Zusammenarbeit mit dem vormaligen Rainbow-Sänger viel zu amerikanisch und unerträglich kommerziell klänge. Seine Konsequenz daraus war allerdings nur bedingt eine: Eclipse (1990), die erste Kooperation mit Göran Edman als Nachfolger von Turner, geriet sogar noch geleckter und keyboardbetont skandinavisch.



Ganz anders zwei Jahre darauf Fire & Ice, auf dem sich Malmsteen ziemlich unangepasst und introvertiert inszenierte und einige seiner grolligsten und bissigsten Gitarrensounds zu Gehör brachte. Nicht hochverzerrt und auf Breitseite getrimmt, sondern stets entlang des natürlichen Klangspektrums seiner Stratocaster und weit im Vordergrund der Produktion platziert.



Keine geschmeidige Verschmelzung von Hardrock- und Klassikelementen hatte der Exzentriker für sein sechstes Soloalbum im Sinn, sondern eine Verzahnung, für die er sich hin und wieder von einem echten Streichorchester mit barocken Flöten begleiten ließ — nicht immer so offensichtlich wie in der knackigen Doublebass-Nummer ›No Mercy‹, in der ein Thema aus Bachs Brandenburgische Konzerte den Weg zu einem fulminanten Solo ebnet.


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